Der Juli bescherte uns nach zwei Jahren Zwangspause wieder eine SchoWo. Außerdem öffneten die Stadtwerke die Türen zur Besichtigung ihres 33 Millionen Euro teuren Neubaus.
Die „Stabsstelle Klimaschutz“ lud in den klimatisierten Sitzungssaal des Rathauses ein, wo Fachleute der Bevölkerung erklärten, wie man weniger CO2 verursacht, etwa mit einer Solaranlage für den Balkon – so sie denn lieferbar ist, was grad aber nicht der Fall war. Dafür bekamen alle Anwesenden Kugelschreiber geschenkt, von unseren Steuergeldern angeschafft. Damit ist der Ideenquell für Werbemaßnahmen freilich nicht erschöpft.
Bürgermeister Englert legte dem Gemeinderat seinen Finanzzwischenbericht vor. In einem Leserbrief befürchtete Hans-Thomas Laube, dass Englert sich selbst was vormache, wenn er erklärt, dass ab 2023 wieder mehr Geld in die Stadtkasse fließt.
Jahresrückblick 2022 (Teil 1)
Ereignisreich war dieses Jahr 2022, sowohl von der Weltlage her, als auch in Schorndorf. Lassen wir es noch einmal Revue passieren:
Beherrschendes Thema zu Beginn des Jahres war immer noch Corona. Mit dem Verbot von Versammlungen, wie etwa Montagsspaziergängen, startete die Stadtverwaltung im Januar. Eine entsprechende „Allgemeinverfügung“ gegen das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit vom 23. Dezember 2021 sollte bis Ende Januar gelten. Dazu war die Stadtverwaltung nicht mehr berechtigt, da die „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ am 25. November 2021 bereits beendet wurde. Am 19. Januar wurde das Verbot aufgehoben.
Seit Dezember 2021 waren etliche Menschen für die Beendigung der staatlichen Forderungen und Einschränkungen öffentlich eingetreten, an manchen Tagen bis zu 400 Personen. Der neugewählte OB signalisierte Interesse an einem Gespräch mit ihnen. Die SPD-Fraktion kritisierte ihren AfD-Kollegen Lars Haise dafür, dass er jene Proteste nach eigenem Augenschein als friedlich beschrieb. Dies sei „an Zynismus nicht zu überbieten“, da diese Leute sich „über geltende demokratische Spielregeln hinwegsetzen“.
Zu lange über die eigenen Verhältnisse gelebt
Da wünscht sich womöglich mancher unseren vorherigen Oberbürgermeister zurück, wenn er in der Zeitung liest, dass dieser jetzt ein 5‑Millionen-Euro-Sparpaket für den Stadt-Haushalt von Esslingen erwirkt hat. Wie hat er das gemacht? Er erhöht die Parkgebühren und verzichtet auf die Erweiterung der Stadtbücherei.
„Dies kann nur der erste Schritt in unseren Bemühungen sein, Esslingen aus finanzieller Sicht zukunftsfest zu machen“, wird er in den „Stuttgarter Nachrichten“ zitiert. Sein Finanzbürgermeister Ingo Rust bezeichnete diese Einsparungen als „spürbare Einschnitte“, die freilich „noch keine tiefen Einschnitte“ seien. Und er sagte „ganz klar“, dass solche noch kommen würden und müssten.
Carmen Tittel, die Fraktionsvorsitzende der dortigen „Grünen“, stimmte dem Sparpaket zu, obwohl es ihr nicht leicht falle, wie sie erklärte. Doch habe sie sich an ihren Eid als Stadträtin erinnert, demzufolge sie verpflichtet sei, Schaden von der Stadt abzuwenden. Mit einem nicht genehmigungsfähigen Haushalt drohe in ihren Augen ein solcher Schaden.
„Zu lange über die eigenen Verhältnisse gelebt“ weiterlesenDas sagen die Stadträte zum Haushalt (Teil II)
In ihren Stellungnahmen zur Lage der städtischen Finanzen vertraten die Fraktionsvertreter einerseits die Haltung eines „Weiter so wie gehabt“, andererseits mahnten sie einen „ernsthaften Sparwillen“ an. Hier kommt die zweite Hälfte der Redner zum Haushaltsplan-Entwurf 2023 zu Wort:
Werner Neher (Grüne Liste) macht sich vorrangig Sorgen um die Weltlage, allem voran die Corona-Pandemie und der Krieg in der Ukraine. Doch böten, wie er meint, solche Zeiten auch die Chance, „darüber nachzudenken was wesentlich ist“. Was für ihn konkret heißt: „Wir stehen auch zur neuen Bücherei.“
Er habe „bewusst keine finanzwirksamen Anträge gestellt“, schlägt aber „kleine Verbesserungen“ vor, wie etwa, „eine Art Kulturtafel“, welche Restkarten für Veranstaltungen an Menschen gibt, „die sich das nicht leisten können“. Und er wünscht sich eine Partnerstadt in der Ukraine, um zu erfahren, wie die Menschen dort leben, nicht zuletzt auch, um den Begriff des „Sozialtourismus“ zu entkräften. Selbstkritisch befand er: „Wenn ich die schwarze Südfassade des neuen Stadtwerkegebäudes sehe, ärgere ich mich immer noch darüber, nicht früher massiver darauf gedrängt zu haben, dass dort überall Photovoltaik angebracht wird.“
„Das sagen die Stadträte zum Haushalt (Teil II)“ weiterlesenDas sagen die Stadträte zum Haushalt
In ihren Stellungnahmen zur Lage der städtischen Finanzen zeigten die Fraktionsvertreter ein breites Spektrum von „Jetzt erst recht!“ bis hin zu „Notbremse ziehen!“ auf. Hier die Reden der ersten drei Herren zum Haushaltsplan-Entwurf 2023:
Weil Rechtsanwalt Gerhard Nickel für die Fraktion der FDP/FW den Anfang machen durfte, fühlte er sich berufen, den neuen Oberbürgermeister Hornikel zunächst einmal willkommen zu heißen „in der kommunalen Wirklichkeit mit all ihren bunten Facetten und all ihren finanziellen Zwängen“. Um ihn dann jedoch gleich in Schutz zu nehmen vor Kritikern an seinen Sparvorschlägen. Denn es sei nicht er, sondern der Gemeinderat gewesen, der von ihm verlangt habe, „alle denkbaren Alternativen aufzuzeigen“. Dass dies „in der Öffentlichkeit nicht so angekommen“ sei, empfand er als „unglücklich“.
Schorndorf müsse die EDV-Ausstattung und Ganztagsbetreuung an Schulen wie auch die Sprachförderung in Kitas „schultern“, dazu überhaupt erst einmal genügend Plätze an Kinderbetreuung und für Altenpflege anbieten, zusätzlich Flüchtlinge und Obdachlose unterbringen, befand er. Dazu, dass dafür „die Förderung von Sport, Jugendlichen, Musikvereinen und Kultureinrichtungen“ für seine Begriffe „geopfert“ werden solle, erklärte er kategorisch: „Dies ist mit mir nicht zu machen“.
„Das sagen die Stadträte zum Haushalt“ weiterlesenKünkelinpreis für Ärztin Dr. Lisa Federle
Der Barbara-Künkelin-Preis 2023 soll der 59-jährigen Ärztin Lisa Federle aus Tübingen verliehen werden, wie die Jury jetzt bekanntgab. Zu Federles öffentlichem Sozial-Engagement zählt unter anderem, dass sie im Jahr 2015 begann, mit ihrer Arztpraxis in einem Wohnmobil Flüchtlinge medizinisch zu versorgen. Später wurde daraus eine mobile Teststation.
Als Impfärztin habe sie, wie sie berichtet, ihre PatientInnen stets vorab über mögliche Nebenwirkungen aufgeklärt. Inzwischen setzt sich Dr. Lisa Federle dafür ein, dass die Meldung von schweren Impfschäden an das Paul-Ehrlich-Institut nicht mit einem Riesenaufwand verbunden ist. Bislang brauche man über eine Stunde, um das Formular auszufüllen, berichtet sie, was viele Ärzte abschrecke, da diese „für so etwas keine Zeit haben“. Ihre Forderung: „So etwas muss unkompliziert gehen.“
„Künkelinpreis für Ärztin Dr. Lisa Federle“ weiterlesenOB sieht sich mit harter Realität konfrontiert
Sein erstes Halbjahr als Oberbürgermeister habe er sich anders vorgestellt, bekannte Bernd Hornikel am Donnerstag in seiner Haushaltsrede. Statt Schorndorf mit seinen Ideen zu beglücken, wie etwa Wasserspiele auf dem Unteren Marktplatz, muss er die Steuergelder der EinwohnerInnen jetzt für Pflichtaufgaben, allem voran die Unterbringung von Flüchtlingen, verwenden.
Er wollte „gestalten“, nicht den Mangel verwalten. Als gelernter Jurist wollte er eine eigene Abteilung mit Juristen im Rathaus etablieren. Er wollte Klima‑, Umwelt- und Naturschutz, Arbeiten und Wohnen, Pflege „und vieles mehr“ in einem Stadtentwicklungskonzept „vorausschauend denken“.
Seine Amtszeit habe er daher bislang als „sehr frustrierend“ erlebt: Probleme schienen sich vor ihm „aufzutürmen“ und „lassen uns manchmal sogar ratlos zurück“. Er beschäftige sich „gefühlt 12 Stunden am Tag mit der Flüchtlingskrise, die anderen 12 Stunden mit der Energiekrise“.
Aber dann sage er sich: „Wir dürfen nicht in diesen Gefühlen verharren. Es ist unsere Aufgabe, die Stadt durch diese Krisen zu manövrieren.“ Die „multiplen Probleme der Zeit“ könnten jetzt „nur als Gesamtgesellschaft gelöst“ werden.
„OB sieht sich mit harter Realität konfrontiert“ weiterlesenMit weißen Westen Aufsehen erregt
Zweieinhalb Wochen, nachdem kritische UnternehmerInnen in Winterbach beschlossen hatten, sich aktiv gegen die zerstörerische Politik der Regierung zu wehren, traten rund 250 von ihnen vorigen Sonntag in Stuttgart bei einer Demonstration in Erscheinung.
Mit weißen Westen und Plakaten, auf denen sie den Regierenden die „Rote Karte“ zeigten, wurden sie abends in den Nachrichten des SWR-Fernsehens (ab Minute 4:55) eigens erwähnt. Insgesamt seien 300 solcher Westen besorgt worden, berichtet Initiator César Arribas. Im Laufe des Umzugs hätten auch noch die restlichen davon begeisterte Abnehmer gefunden.
Am Mittwoch hat sich die Gruppe nun offiziell den Namen „Weißwesten“ gegeben. Eine Homepage werde gerade erstellt. Erklärtes Ziel ist, die Ansichten und Erwartungen aus der Bevölkerung öffentlich zu machen: „Bei uns gibt es nicht links, Mitte, rechts, sondern die Meinung von Bürgern.“
Das nächste Treffen ist für Mittwoch, 9. November, geplant.
Gesucht: Frauen, die Tabus brechen
Die Jury des Barbara-Künkelin-Preises bittet um Vorschläge, wem die mit 5.000 Euro dotierte Auszeichnung im März 2023 verliehen werden soll. Gesucht werden laut Pressemitteilung Frauen, die sich „mutig und unerschrocken für das Wohl ihrer Mitmenschen einsetzen“, die dabei auch „Tabus brechen und Vorbilder sind“. So wie Barbara Künkelin, die der Legende nach 1688 Anführerin der historisch verbrieften „Schorndorfer Weiber“ war, die die Stadt vor der Plünderung durch französische Soldaten bewahrt haben.
Seit 1984 wird der Barbara-Künkelin-Preis alle zwei Jahre vergeben, und zwar immer am Sonntag nach Künkelins Geburtstag im März. Erste Preisträgerin war Katharina Adler, die sich tatkräftig dafür einsetzte, die Landschaft im Allgäu vor Zerstörung zu bewahren. So half sie unter anderem, die Großprojekte Autobahn Lindau-Kempten und die Großkiesgrube im Naturschutzgebiet Eistobel zu verhindern.
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