In ihren Stellungnahmen zur Lage der städtischen Finanzen vertraten die Fraktionsvertreter einerseits die Haltung eines „Weiter so wie gehabt“, andererseits mahnten sie einen „ernsthaften Sparwillen“ an. Hier kommt die zweite Hälfte der Redner zum Haushaltsplan-Entwurf 2023 zu Wort:
Werner Neher (Grüne Liste) macht sich vorrangig Sorgen um die Weltlage, allem voran die Corona-Pandemie und der Krieg in der Ukraine. Doch böten, wie er meint, solche Zeiten auch die Chance, „darüber nachzudenken was wesentlich ist“. Was für ihn konkret heißt: „Wir stehen auch zur neuen Bücherei.“
Er habe „bewusst keine finanzwirksamen Anträge gestellt“, schlägt aber „kleine Verbesserungen“ vor, wie etwa, „eine Art Kulturtafel“, welche Restkarten für Veranstaltungen an Menschen gibt, „die sich das nicht leisten können“. Und er wünscht sich eine Partnerstadt in der Ukraine, um zu erfahren, wie die Menschen dort leben, nicht zuletzt auch, um den Begriff des „Sozialtourismus“ zu entkräften. Selbstkritisch befand er: „Wenn ich die schwarze Südfassade des neuen Stadtwerkegebäudes sehe, ärgere ich mich immer noch darüber, nicht früher massiver darauf gedrängt zu haben, dass dort überall Photovoltaik angebracht wird.“
Als dienstältester Stadtrat erlaubte er sich zum Schluss „noch ein Wort zu unserem neuen OB“ und meinte: „Wir sehen, es geht auch mit einem ganz anderen Stil eine Verwaltung zu führen.“ Das sei für ihn „beruhigend“. Womit er jedoch „die erfolgreiche Arbeit von OB Klopfer auf keinen Fall schmälern“ wolle.
Hermann Beutel (CDU) freute sich, dass seine Vorredner allesamt deutlich unter 10 Minuten Redezeit geblieben waren, „dann kann ich jetzt länger machen“ – und nahm sich denn auch doppelt so viel Zeit heraus. Und dies, obwohl ihm bewusst ist, „dass solche Reden schnell im Dunkel der Geschichte verschwinden und sich schon am Tag darauf kaum mehr einer daran erinnert, was gesagt wurde“. Das liege freilich auch daran, dass die „desolaten Finanzen“ der Stadt „für die Bürger schwer zu fassen“ seien, weil der einzelne sie „weder riechen noch schmecken oder gar anfassen“ könne.
Tatsächlich sei die aktuelle Lage so brisant wie noch nie: „Bildlich gesprochen sieht es so aus, dass unser Haushalt in Form von Herr Englert mit dem Rücken zur Wand steht.“ Und wenn „kein ernsthafter Sparwille einzieht“, werde der Fall eintreten, „dass das Regierungspräsidium uns diktiert, wie wir das Geld ausgeben“. Dies drohe nämlich, wenn der Haushalt dort mangels Gegenfinanzierung nicht genehmigt werden kann. „Jetzt rächt es sich, dass Ihr Vorgänger, Herr Hornikel, uns einen Schuldenberg von 50 Millionen Euro bei den Stadtwerken hinterlassen hat.“
Die CDU-Fraktion habe deshalb überlegt, wie die fehlenden 3,5 Millionen Euro nächstes Jahr ausgeglichen werden können. Darunter etwa eine vorübergehende Schließung des Stadtmuseums, wie auch die Reduzierung der allgemeinen „Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen“, was zusammen 1 Million Euro einsparen könnte. Nicht aufzuschieben ist seiner Ansicht nach hingegen ein Neubau der Feuerwache an der Künkelinhalle, da diese einsturzgefährdet sei und mit Stützen abgesichert werden müsse.
„Schorndorf ist ein sicherer Hafen“, sagte Marcel Kühnert, der für die SPD-Fraktion sprach. „Der sichere Hafen Schorndorf steht trotz aller Sturmfluten und Krisen gut da.“ Gleichwohl brauchen wir seiner Ansicht nach „mehr Tempo beim Ausbau des klimaresilienten, sicheren Hafens in Schorndorf“.
Die finanzielle Situation sei dieses Jahr „in der Tat schwierig und angespannt“. Doch müsse man „über die aktuellen Krisen hinausdenken“, denn es werde eine Zukunft danach folgen. Weshalb die SPD-Fraktion „klar zum Bau der neuen Bibliothek“ stehe, mit dem Argument: „Günstiger als jetzt werden wir die Bibliothek nie bauen können.“ Er ist überzeugt: „Von den multifunktionalen Räumen wird die gesamte Stadtgesellschaft profitieren.“
Schorndorf müsse auch weiterhin ein Hafen sein, der „den Menschen Sicherheit und Stabilität bieten“ könne. Er lobte Ehrenamtliche, die geflüchtete Menschen „herzlich in unserem sicheren Hafen aufgenommen“ haben. Dieser Einsatz für andere „war und ist unbezahlbar“. Abschließend lud er „alle herzlich dazu ein, die eigenen Positionen regelmäßig kritisch zu hinterfragen“. Er sagte, das erfordere viel Mut und sei nicht einfach.