Annie Ernaux „ist eine kleine, fragile Frau, die aber einen wunderbaren Schalk im Nacken hat, und die sich vor nichts und niemanden fürchtet.“ Sie zu treffen sei „als dürfte man Pippi Langstrumpf kennenlernen“, erklärte Literaturkritiker Denis Scheck am Donnerstag gegenüber der Tagesschau, befragt zu ihrer Auszeichnung.
Die 82-jährige Französin ist erst die 17. Frau, deren Schaffen mit dem Literaturnobelpreis gewürdigt wird – gegenüber insgesamt 101 Männern, denen er seit 1901 bereits verliehen wurde.
Annie Ernaux beschreibt in ihren Büchern eigene Erfahrungen, in denen sich andere Frauen aber auch deshalb wiederfinden, weil ihr Stil sehr plastisch und leicht zu lesen ist. So beginnt sie ihren Roman „Erinnerungen eines Mädchens“ folgendermaßen: „Es gibt Menschen, die überwältigt werden von der Gegenwart anderer, von ihrer Art zu sprechen, die Beine übereinanderzuschlagen, eine Zigarette anzuzünden. Die gebannt sind von ihrer Präsenz. Eines Tages, vielmehr eines Nachts, werden sie mitgerissen vom Begehren und Willen eines anderen, eines Einzigen. Was sie zu sein glauben, verschwindet. Sie lösen sich auf und sehen ein Abbild ihrer selbst handeln, gehorchen, erfasst vom unbekannten Willen des Anderen. Er ist ihnen immer ein Stück voraus. Sie holen ihn nie ein.“
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