„Smart City“ in der Praxis

Kurzglosse
Was ist ei­gent­lich aus dem „in­tel­li­gen­ten Müll­ei­mer“ ge­wor­den, den die Stadt­ver­wal­tung vor ei­ni­gen Jah­ren an­ge­schafft hat? An der Nord­seite des Rat­hau­ses stand er, links vom Wei­ber-Mo­saik.

Er wurde als Vor­rei­ter der ge­plan­ten „Smart City“ an­ge­prie­sen, von un­se­ren Steu­er­gel­dern be­zahlt. Er wurde dem Ge­mein­de­rat ans Herz ge­legt als das Non­plus­ul­tra, als das Ei des Ko­lum­bus, als das Ende al­ler Sor­gen.
Da­mit Tou­ris­ten, die die Stadt be­su­chen, sich nicht an über­quel­len­den Ab­fall­ei­mern sto­ßen. Dies vor al­lem an Sonn- und Fei­er­ta­gen, wenn Be­diens­tete, die sich sonst darum küm­mern, frei ha­ben.

Denn die­ses Wun­der­werk der Tech­nik kommt ganz ohne mensch­li­chen Ver­stand aus. Weil die­ser Müll­ei­mer mehr ist als nur ein Ei­mer. Weil er, wie es heißt, den ein­ge­wor­fe­nen Un­rat zu­sam­men­presst – nicht au­to­ma­tisch, son­dern eben „in­tel­li­gent“.

Und noch mehr: Er gibt von sich aus Be­scheid, wenn er voll ist. So wird er erst dann ge­leert wird, wenn es auch wirk­lich sein muss. Und kein Be­diens­te­ter muss den Weg zu ihm um­sonst ma­chen.
Jetzt steht er aber nicht mehr da, wo er mal stand.

Hat er sich am Ende – in­tel­li­gent, wie er ist – gar selbst ent­sorgt?

Nicht witzig

Kurzglosse«
Auch an un­se­rer Schule wur­den frü­her Ju­den­witze er­zählt. Ei­ner da­von ist mir im Ge­dächt­nis ge­blie­ben. Ich be­kenne: Ich habe ihn wei­ter­erzählt. Wenn ich ge­wusst hätte, dass ei­nen das heute den Kopf kos­ten kann, wie am Bei­spiel Hu­bert Ai­wan­ger zu se­hen – hätte ich an­ders ge­han­delt? Hätte, hätte… Tempi pas­sati! Ist vor­bei, kann man nicht mehr än­dern.

Wach­sam sein, da­mit so et­was in Zu­kunft nicht mehr pas­siert, das ist das ein­zige, was wir tun kön­nen. Da­her müs­sen wir jetzt ein­mal gründ­lich in uns ge­hen und fra­gen: Darf man ei­gent­lich noch Ost­frie­sen­witze er­zäh­len? Oder fal­len die un­ter Ras­sis­mus? Was ist mit Blon­di­nen­wit­zen? Gel­ten sie als se­xu­ell über­grif­fig? Wie sieht es mit Wit­zen über Ös­ter­rei­cher aus? Dis­kri­mi­nie­rung?

Auch wenn et­was auf den ers­ten Blick ganz harm­los da­her­kommt, könnte es ei­nem ja spä­ter mal um die Oh­ren flie­gen. Darum: Auf­ge­passt! Stets auf der Hut sein! Selbst bei Häs­chen­wit­zen.

Be­son­ders in Schorn­dorf.

Achtung, eine Durchsage:

Kurzglosse
„Ein klei­ner Sprin­ger sucht seine Kö­ni­gin.
Er ist von wei­ßer Farbe, Al­ter: schwer zu schät­zen. Ver­mut­lich ge­hört er ei­ner Frei­luft-Schach­fi­gu­ren­gruppe an. Er wurde im Schloss­park auf­ge­grif­fen und möchte jetzt am Och­sen­berg ab­ge­holt wer­den.“

Eine Frage der Logik

Kurzglosse
Man liest im­mer wie­der, es rei­che al­lein die Ver­mu­tung, dass ein Reichs­bür­ger bei den Mon­tags­spa­zier­gän­gen mit­läuft, um diese zu rechts­extre­mis­ti­schen Ver­an­stal­tun­gen zu er­klä­ren. Nun drängt sich ak­tu­ell die Frage auf: Wie ist dann die Men­schen­kette des „Schorn­dor­fer Ap­pells“ von vo­ri­gem Diens­tag zu be­zeich­nen, nach­dem sich dort eine Mon­tags­spa­zier­gän­ge­rin ein­ge­reiht hatte?

Müsste man nach den Re­geln der Lo­gik nicht schluss­fol­gern, dass diese Ak­tion so­mit ein Mon­tags­spa­zier­gang ge­wor­den ist?

In der Schule ha­ben wir ge­lernt: Wenn A gleich B ist, und B gleich C, muss fol­ge­rich­tig A auch gleich C sein. Fürs Le­ben ge­lernt, über­tra­gen wir also: Wenn die Men­schen­kette durch jene Frau zu ei­nem Mon­tags­spa­zier­gang wird, und wenn ein Mon­tags­spa­zier­gang eine rechts­extre­mis­ti­sche Ver­an­stal­tung ist, ist lo­gi­scher­weise auch diese Men­schen­kette eine rechts­extre­mis­ti­sche Ak­tion.

Oder an­ders ge­sagt: Die Men­schen­kette hat ihre Un­schuld ver­lo­ren.

Am Rande bemerkt

Kurzglosse
Pa­pier ist ge­dul­dig, heißt es. Fah­nen­mas­ten sind es auch. Frü­her wurde vorm Rat­haus nur an ho­hen Fei­er­ta­gen ge­hisst. Meis­tens die Stadt­far­ben, manch­mal Schwarz-Rot-Gold, und bei Be­su­chen aus der Part­ner­stadt Tulle die Tri­ko­lore. In­zwi­schen aber auch im­mer häu­fi­ger an­dere Bot­schaf­ten: „Keine Ge­walt an Frauen“ steht dann auf dem Ban­ner, oder „Ma­yors for Peace“, um zu zei­gen, dass un­ser Ober­bür­ger­meis­ter eben­falls für den Frie­den ist.

Ganz ak­tu­ell flat­ter­ten jetzt Re­gen­bo­gen­far­ben ne­ben dem Rat­haus­ein­gang. Als Be­kun­dung für die se­xu­elle Selbst­be­stim­mung al­ler Men­schen. Wir dür­fen ge­spannt sein, was als nächs­tes folgt. Eine Fahne für Fahr­rad­freund­lich­keit? Ein Ban­ner für Bür­ger­nähe? Ein Stück Stoff ge­gen Steu­er­geld­ver­schwen­dung?

Fah­nen­mas­ten sind ge­dul­dig. Dort kann je­der sein Fähn­chen nach dem Wind der ak­tu­ell po­li­ti­schen Mode hän­gen. Und die Be­völ­ke­rung freut sich wie Bolle über den ed­len Geist de­rer, die sie his­sen.

Am Rande bemerkt

Kurzglosse
Der Ge­mein­de­rat hat in sei­ner jüngs­ten Sit­zung Thors­ten Eng­lert zum Ers­ten Bür­ger­meis­ter ge­wählt. An­ge­sichts die­ses Er­eig­nis­ses fragt sich die Ger­ma­nis­tin, ob die Be­zeich­nung „Bür­ger­meis­ter“ ei­gent­lich noch zeit­ge­mäß ist. Das Wort „Meis­ter“ be­zeich­net laut Du­den ei­nen Men­schen, der ent­we­der in sei­nem Fach her­vor­ra­gend ist (und dies per Meis­ter­prü­fung be­wie­sen hat) oder es hat die Be­deu­tung „Herr und Ge­bie­ter“.

Ein Schnei­der­meis­ter ist ein Kön­ner sei­nes Fachs im Schnei­dern, ein Bä­cker­meis­ter im Ba­cken. Ein Bür­ger­meis­ter müsste ana­log Kön­ner im „Bür­gern“ sein. Das gibt es nicht. Also bliebe nur die De­fi­ni­tion „Herr und Ge­bie­ter“. Und ge­nau das ist er nicht. Im Ge­gen­teil. Er hat der Be­völ­ke­rung zu die­nen. Die Bür­ger­schaft ist der Sou­ve­rän. Er wird von de­ren Steu­er­gel­dern be­zahlt. Diese Amts­be­zeich­nung muss drin­gend an die tat­säch­li­chen Ver­hält­nisse an­ge­passt wer­den in: „Ers­ter Bür­gerdie­ner“.

Am Rande bemerkt

Kurzglosse
Was kön­nen wir uns doch glück­lich prei­sen, in un­se­rem Ober­bür­ger­meis­ter ei­nen so tap­fe­ren Kämp­fer ge­gen die Pan­de­mie zu ha­ben:
Zwar konnte er die De­mons­tra­tion der Quer­den­ker am Frei­tag auf dem Markt­platz nicht ver­hin­dern.
Zwar konnte er nicht ver­hin­dern, dass sie dort be­haup­ten, die In­fek­ti­ons­zah­len seien nur Test­ergeb­nisse, keine Kran­ken, keine To­ten, und nur durch Mas­sen­test er­zielt, be­haf­tet mit ho­her Feh­ler­quote.
Zwar konnte er nicht ver­hin­dern, dass sich dort über 500 Men­schen ver­sam­melt ha­ben.
Er konnte das nicht ver­hin­dern, weil die Ver­samm­lungs- und Mei­nungs­frei­heit im Grund­ge­setz ga­ran­tiert sind.

Aber er sorgte kurz­ent­schlos­sen für ei­nen Aus­gleich.
Er ließ die his­to­ri­sche Füh­rung auf dem Al­ten Fried­hof mit Stadt­rä­tin Kirs­ten Katz ab­sa­gen.
Die sollte am Sonn­tag statt­fin­den.
Noch vor In­kraft­tre­ten der neuen Schutz­ver­ord­nung.
Dort wä­ren wahr­schein­lich nicht mehr als 12 Teil­neh­me­rIn­nen im Freien zu­sam­men­ge­kom­men.
Nicht ge­rade viel im Ver­gleich zu der Kund­ge­bung.
Doch was zählt, ist die löb­li­che Ab­sicht.

Auch der Ober­bür­ger­meis­ter bringt Op­fer mit die­sem Er­lass.
Denn er nimmt den „Bil­dungs­auf­trag“ der Stadt, wie er stets in Be­zug auf den Neu­bau der Stadt­bü­che­rei be­tont, sehr ernst.
Und nun lässt er eine Füh­rung, in wel­cher Stadt­ge­schichte ver­mit­telt wird, aus­fal­len. Ge­schichte von Frauen. Von star­ken Frauen. Also: sein fa­vo­ri­sier­tes Thema. Und ver­mit­telt von sei­ner – ver­mut­lich – Lieb­lings­stadt­rä­tin, da sie be­kannt­lich im­mer kri­tisch nach­hakt.

Was für ein Kämp­fer ge­gen die Pan­de­mie!

Am Rande bemerkt

Kurzglosse
Wir Jour­na­lis­tin­nen ha­ben es nicht gern, wenn wir eine Glosse mit fei­ner Pointe ab­schlie­ßen – und dann kommt je­mand, und setzt noch eins drauf. In die­sem Fall ist es die Lan­des­re­gie­rung in Kiel.
Kon­kret geht es um Ab­ge­ord­nete und Co­rona.
Ich hatte den Um­stand, dass hie­sige Stadt­räte vom Fie­ber­test vor ei­ner Sit­zung be­freit sind, in mei­ner Glosse vom 2. Ok­to­ber mit de­ren po­li­ti­scher Im­mu­ni­tät „er­klärt“.
Die Kie­ler Re­gie­rung über­trifft das jetzt noch, wie im Ta­ges­spie­gel zu le­sen ist: Sie hat ein­zelne Ber­li­ner Be­zirke zu Co­rona-Ri­si­ko­ge­bie­ten er­klärt, und alle, die von dort kom­men, zur Qua­ran­täne ver­pflich­tet – alle, au­ßer Ab­ge­ord­nete.
Be­vor man de­nen nun un­ter­stellt, dass sie dem Volk Re­geln auf­er­le­gen, an die sich selbst nicht hal­ten, hilft ein Blick in die Rea­li­tät:
So ein Volk­ver­tre­ter kommt ja nicht zu Fuß zur Bun­des­tags­sit­zung son­dern im Auto. In ei­nem ge­schlos­se­nen. Darin ist er ge­schützt. Er kann sich also gar nicht mit Co­rona-Vi­ren an­ste­cken.
So ein Ab­ge­ord­ne­ter hat über­haupt gar kei­nen Kon­takt zu uns Nor­mal­sterb­li­chen. Des­halb spricht er über uns gern als „die Men­schen da drau­ßen im Lande“.
Ge­orge Or­well for­mu­lierte die­ses Phä­no­men be­reits 1945 in sei­nem dys­to­pi­schen Ro­man „Farm der Tiere“ mit dem Slo­gan: „Alle Tiere sind gleich, aber man­che sind glei­cher.“
Ich würde sa­gen: Sie sind ein­fach nicht von die­ser Welt.

Am Rande bemerkt

Kurzglosse
Ge­mein­de­rats­sit­zung in der Kün­kel­in­halle un­ter „Co­rona-Be­din­gun­gen“ heißt nicht nur, dass dort alle An­we­sen­den Ab­stand zu­ein­an­der wah­ren müs­sen, son­dern auch, dass am Ein­gang eine Fie­ber­kon­trolle statt­fin­det.
Da rich­tet ei­nem also ein net­ter jun­ger Mann ein Ge­rät Rich­tung Stirn, und sagt kurz drauf: „Sie kön­nen rein.“ Man kommt sich vor wie bei Pe­trus an der Him­mels­tür. Man ist dank­bar, dass die Mes­sung nicht an an­de­rer Kör­per­stelle vor­ge­nom­men wird, wie man es noch aus Kind­heits­ta­gen kennt. Und man ist er­leich­tert. Denn ein ne­ga­ti­ver Be­scheid hätte si­cher­lich gro­ßes Un­ge­mach nach sich ge­zo­gen.
Dann aber staunt man: Da kommt ein Mann an, ord­nungs­ge­mäß mit Maske halb un­kennt­lich – und der muss sich of­fen­kun­dig die­sem Ri­tual nicht un­ter­zie­hen.
„Ich bin Stadt­rat“, sagt er.
Oh, denkt man, gibt es hier Men­schen 1. und 2. Klasse?!
Dann aber fällt ei­nem zum Glück ein, dass man mal was von ei­ner „po­li­ti­schen Im­mu­ni­tät“ ge­hört hat.
Of­fen­sicht­lich er­streckt sich die auch auf Co­rona.

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