Der Juli bescherte uns nach zwei Jahren Zwangspause wieder eine SchoWo. Außerdem öffneten die Stadtwerke die Türen zur Besichtigung ihres 33 Millionen Euro teuren Neubaus.
Die „Stabsstelle Klimaschutz“ lud in den klimatisierten Sitzungssaal des Rathauses ein, wo Fachleute der Bevölkerung erklärten, wie man weniger CO2 verursacht, etwa mit einer Solaranlage für den Balkon – so sie denn lieferbar ist, was grad aber nicht der Fall war. Dafür bekamen alle Anwesenden Kugelschreiber geschenkt, von unseren Steuergeldern angeschafft. Damit ist der Ideenquell für Werbemaßnahmen freilich nicht erschöpft.
Bürgermeister Englert legte dem Gemeinderat seinen Finanzzwischenbericht vor. In einem Leserbrief befürchtete Hans-Thomas Laube, dass Englert sich selbst was vormache, wenn er erklärt, dass ab 2023 wieder mehr Geld in die Stadtkasse fließt.
Im August veröffentlichte das Statistische Landesamt die offiziellen Zahlen zum aktuellen Schuldenstand aller Kommunen. In Schorndorf ist dieser um weitere 13 Millionen auf nun 179 Millionen Euro angewachsen. Unsere 4.524 Euro Pro-Kopf-Verschuldung sind mehr als das Doppelte des Landesdurchschnitts. Der OB flog nach Tuscaloosa (USA) zur Feier der 25-jährigen Städtepartnerschaft, und SPD-Urgestein Ursel Kamps feierte ihren 80. Geburtstag.
Seit Anfang 2021 gibt es einen Vertrauensanwalt, bei dem man Korruption in der Verwaltung melden kann. Nachgefragt bei diesem, Dr. Jochen Bernhard, wie oft er zum Einsatz kam, erfuhren wir: Kein einziges Mal. In der Stadt ist er kaum bekannt.
Dass eine Gemeinde funktionieren kann, ohne ständig neue Schulden anzuhäufen, zeigte im September das Beispiel Winterbach. Die Schorndorfer Verwaltung kam unterdessen auf die Idee, mit einem „Energiekostenzuschlag“ den Eintritt fürs Hallenbad zu erhöhen, und gleichzeitig die Wassertemperatur zu senken, um Geld in ihre Kasse zu bekommen. Die Absicht, bei der Beleuchtung der Kirche Energiekosten zu sparen, scheiterte daran, dass keiner wusste, wer dafür zuständig ist: Kirche oder Stadtverwaltung?
Einen finanziellen Nachschlag genehmigte sich der Eigenbetrieb „Citymanagement“. Er hatte heuer für die SchoWo 16.000 Euro mehr ausgegeben, als die 132.000 Euro, die der Gemeinderat bewilligt hatte. Und in Winterbach formierte sich Widerstand gegen Politikversagen. Großen Zuspruch fand dort ein Treffen mit dem Ziel: „Brainstorming in guter Atmosphäre, wie es mit unserem Land weitergehen soll“.
Dass er sich sein Amt als Oberbürgermeister anders vorgestellt habe, erklärte Bernd Hornikel im Oktober in seiner ersten Haushaltsrede. Anstatt unsere Stadt nach seinen Ideen umzugestalten, sah er sich mit Problemen konfrontiert, die sich vor ihm auftürmten. So bat er den Gemeinderat, die Sparvorschläge aus dem Rathaus der Bevölkerung zu vermitteln und sie gleichzeitig zu mehr ehrenamtlichem Einsatz aufzufordern.
Vorrangig für ihn sei die „Strahlkraft“ Schorndorfs in die Welt, und dass die Stadt für Fachpersonal „attraktiv bleiben“ müsse. Was jedoch nicht für Erzieherinnen gilt. Man müsse die Kita-Betreuungszeiten kürzen, da man vom Bau der Bücherei nicht abrücken dürfe.
Die angekündigte Reduzierung der Energiekosten in städtischen Gebäuden war nicht gleich umzusetzen. Eine Überprüfung des „Schoblatts“ vor Ort zeigte, dass aus dem Wasserhahn in der Rathaustoilette noch immer über 60 Grad heißes Wasser floss.
Der November stand ganz im Zeichen der Haushaltsreden der Fraktionen im Gemeinderat (Teil 1 und Teil 2). Wir erfuhren, dass dem Bürgermeister Englert die Einwohnerschaft deshalb am Herzen liegt, weil er pro Kopf Geld aus der Einkommenssteuer für seine Stadtkasse zugewiesen bekommt. Da er damit trotzdem nächstes Jahr finanziell nicht hinkommt, schlug er vor, das Hallenbad zu schließen. In großer Zahl zogen daraufhin BürgerInnen vors Rathaus, und der Vorschlag wurde zurückgezogen. Geschlossen wird hingegen das Zentrum für internationale Begegnungen, das erst 2015 eröffnet worden war, weil man für jedes Thema ein eigenes Domizil braucht.
Die Vorgabe der Verwaltung für die Klausurtagung, auch an den Zuwendungen für die Kultur zu sparen, wurde wieder gekippt. Nun wurde als Sparsamkeit ausgelegt, dass man sie „eingefroren“ hat. Niemandem schien in diesem Zuge aufzufallen, dass Grünen-Stadtrat Kost, der im Vorstand von Kulturforum und Kunstverein sitzt, sich diese Zuschüsse per Handzeichen quasi selbst genehmigte.
Lichterketten und Weihnachtsmarkt im Dezember sollten laut OB Hornikel den Menschen in diesen schweren Zeiten ein bisschen Freude verschaffen. Grund zur Sorge bestand zuhauf. Neben den steigenden Energie- und Lebenshaltungskosten greift das Rathaus den BürgerInnen immer tiefer in die Tasche: Für Rathaus-Dienstleistungen werden höhere Gebühren verlangt, ebenso Eintrittsgelder erhöht. Die Parkgebühren für Anlieger wurden vom Gemeinderat versechsfacht. Englert hatte gesagt, dass in der Stadtkasse 3 Millionen Euro fehlen.
Daher kürzt die Verwaltung die Betreuungszeit in Kindertagesstätten. Weil sie „Fachkräftemangel“ als Grund nennt, stimmte der Gemeinderat dem zu. Dass sich keine Erzieherin in Schorndorf bewirbt, verwundert weniger, wenn man weiß, dass die Stadt keine Job-Angebote für sie ausschreibt. Im Rathaus selbst werden Stellen aufgestockt und die Leute höhergruppiert, wie etwa der Radwegekoordinator von einer 70-Prozent- auf eine Ganztagsstelle. Die 70 Prozent zahlt das Land mit jährlich 53.800 Euro. Die zusätzlichen rund 23.000 Euro kommen aus der Stadtkasse. Dafür haben wir Steuerzahler zwei Haltegriffe für RadlerInnen bekommen.
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Gabriela Uhde
Wir wünschen allen ein frohes neues Jahr 2023!