Kommentar
OB Hornikel bat am Donnerstag den Gemeinderat, die Sparbeschlüsse aus dem Rathaus „nach außen“ zu vertreten. Da stellt er also mal kurzerhand die Demokratie auf den Kopf. Die Mitglieder des Gemeinderats sind Volks-Vertreter, nicht Verwaltungsvertreter. Sie bringen die Anliegen des Volkes, sprich der Einwohnerschaft in die Entscheidungen ein. Nicht umgekehrt. Sie kontrollieren, dass die Verwaltung mit deren hart erarbeiteten Steuergeldern verantwortungsvoll umzugehen hat.
Zu einem Wahlausgang heißt es oft: „Der Souverän hat so entschieden.“ Meistens von den Kandidaten, die gerade nicht gewählt wurden. Sie fügen sich damit dem Votum des Volkes. Wurden sie hingegen gewählt, vergessen sie nach kurzer Zeit, wem sie ihr Amt verdanken, wem sie verpflichtet sind, und wer sie bezahlt.
Für Bürgermeister Englert sind die EinwohnerInnen nur noch bloße Zahlen, wenn er sie als die „Währung“ der Stadt (Haushaltsrede 2016, S. 3) bezeichnet. Rein quantitativ. Denn sie bescheren ihm Einnahmen: die Einkommenssteuer. Diese wird ihm pro Kopf der Einwohnerschaft zugewiesen. Also: je mehr, desto besser. Dass diese Zahlen Menschen mit Bedürfnissen repräsentieren, droht darüber leicht vergessen zu werden.
Ganz ungeschminkt erklärt Englert: „Dies ist der Grund, weshalb wir mehr Wohnungen und Bauplätze bereitstellen und die Bebauungsverdichtung fördern müssen“ – damit es noch mehr Einwohner gibt, die ihm noch mehr Geld bringen. Denn das ist dringend nötig. Nachdem er als Kämmerer in den guten Jahren nichts für die schlechten zurückgelegt hat, muss er als Bürgermeister seit vorigem Jahr bereits das „Tafelsilber“ der Stadt verscherbeln (Haushaltsrede 2020, S. 12).
In Schorndorf haben wir eindrücklich aus der Geschichte gelernt, dass im Rathaus nicht immer zum Wohle der Bevölkerung entschieden wird. Anno 1688 wollten sich die Ratsherren dem Wunsch aus Stuttgart beugen und die Stadttore für plündernde Soldaten öffnen. Nur das beherzte Eingreifen der „Schorndorfer Weiber“ bewahrte die Einwohnerinnen vor diesem Schicksal. Indem sie die Herren einfach im Rathaus einschlossen, konnten diese kein Unheil anrichten.
Mittlerweile sitzen Frauen selbst da drin, im Gemeinderat. Dort erheben sie immer wieder mahnend ihre Stimme, wie unlängst erneut Julia Schilling und Kirsten Katz in Bezug auf den Bücherei-Neubau. Der OB tut gut daran, auf solche Frauen zu hören.