Am Freitag beginnt die SchoWo, unser 5‑tägiges Stadtfest, das so mancher zwei Jahre lang schmerzlich vermisst hat. Aber nicht alle. Einen etwas anderen Blick auf diese Art Vergnügung hat der Sozialpsychologe Erich Fromm bereits 1956 formuliert, als er erklärte, der moderne Mensch konsumiere Spaß, um ein Gefühl von Angst und Unsicherheit zu betäuben, weshalb Fromm solcherlei Konsumangebote wie „eine riesige Brust“ ansieht, von der man sich die entsprechende Befriedigung erhoffe.
In seinem Bestseller „Die Kunst des Liebens“ schreibt er: „Der moderne Mensch ist sich selbst, seinen Mitmenschen und der Natur entfremdet. Er hat sich in eine Gebrauchsware verwandelt und erlebt seine Lebenskräfte als Kapitalanlage, die ihm unter den jeweils gegebenen Marktbedingungen den größtmöglichen Profit einzubringen hat. Die menschlichen Beziehungen sind im Wesentlichen die von entfremdeten Automaten.
Jeder glaubt sich dann in Sicherheit, wenn er möglichst dicht bei der Herde bleibt und sich in seinem Denken, Fühlen und Handeln nicht von den anderen unterscheidet. Während aber jeder versucht, den übrigen so nahe wie möglich zu sein, bleibt er doch völlig allein und hat ein tiefes Gefühl der Unsicherheit, Angst und Schuld, wie es immer dann entsteht, wenn der Mensch sein Getrenntsein nicht zu überwinden vermag.
Unsere Zivilisation verfügt über viele Betäubungsmittel, die den Leuten helfen, sich ihres Alleinseins nicht bewusst zu werden: Da ist vor allem die strenge Routine der bürokratischen, mechanischen Arbeit, die verhindern hilft, dass sich die Menschen ihres tiefsten Bedürfnisses, des Verlangens nach Transzendenz und Einheit, bewusst werden.
Da die Arbeitsroutine hierzu nicht ausreicht, überwindet der Mensch seine unbewusste Verzweiflung durch die Routine des Vergnügens, durch den passiven Konsum von Tönen und Bildern, wie sie ihm die Vergnügungsindustrie bietet.“
Aldous Huxley habe diesen modernen Menschen in seinem Roman „Brave New World“ (1946) treffend so beschrieben: „Er ist gut genährt, gut gekleidet und sexuell befriedigt, aber ohne Selbst und steht nur in einem höchst oberflächlichen Kontakt mit seinen Mitmenschen.“
Und Fromm fährt fort: „Des Menschen Glück besteht heute darin, ‚seinen Spaß zu haben‘. Und man hat seinen Spaß, wenn man sich Gebrauchsgüter, Bilder, Essen, Trinken, Zigaretten, Menschen, Zeitschriften, Bücher und Filme ‚einverleibt‘, indem man alles konsumiert, alles verschlingt. Die Welt ist nur noch da zur Befriedigung unseres Appetits, sie ist ein riesiger Apfel, eine riesige Flasche, eine riesige Brust, und wir sind die Säuglinge, die ewig auf etwas warten, ewig auf etwas hoffen und ewig enttäuscht werden.“