Kommentar
Merkwürdige Dinge geschehen derzeit im Gemeinderat. Da wurde der städtische Zuschuss für das Kulturforum vom Gremium abgelehnt (s. Beschlussprotokoll S. 10) und soll in der nächsten Sitzung erneut beraten werden. So etwas geht eigentlich nicht. Denn gemäß Geschäftsordnung § 13 (2) darf ein gleiches Thema erst wieder in einem halben Jahr auf die Tagesordnung kommen, es sei denn, es würden „neue Tatsachen“ (§ 10) bekanntwerden.
Auf Anfrage erklärt Sonja Schnaberich-Lang, die Kommunalrecht-Fachfrau im Rathaus, dass es „zwingende Gründe“ gebe, die es erlaubten, sich über diese Regel hinwegzusetzen. Zum einen bestehe ein Kooperationsvertrag zwischen Stadt und KuFo, zum anderen hingen daran Beschäftigungsverhältnisse. Sprich: Ohne Geld würden diese Mitarbeiterinnen ab Januar auf der Straße stehen. Das leuchtet ein. Ist aber wirklich keine „neue Tatsache“.
Schon beim Vorschlag für die Hallenbad-Schließung hatte die Stadtverwaltung völlig vergessen, dass ein Vertrag mit einem Masseur besteht, der dort seine Praxis betreibt und dadurch um seine Existenzgrundlage gebracht würde. Und so etwas geschieht mit einem Juristen an der Rathausspitze!
Das Vertrauen in die Verwaltung wird durch solche Vorgänge nicht gerade gefördert. Dem Kulturforum sei es gegönnt, wenn es in der Dezembersitzung gerettet wird. Angesichts der Tatsache, dass damit aber die Regeln der Gemeindeordnung – sagen wir mal vorsichtig: – ausgedehnt werden, muss der Oberbürgermeister jetzt besonders umsichtig agieren, und einen Kompromiss formulieren, dem eine große Mehrheit folgen kann. Ansonsten entstünde der Eindruck, man ließe einfach nur so lange abstimmen, bis einem das Ergebnis passt. Das wäre fatal für die Demokratie.
Diese ist in Schorndorf derzeit ohnehin gefährdet, denn die Angelegenheit um die Zuschüsse weist ein weiteres, durchaus pikantes Detail auf. Denn an der Abstimmung nahm auch Grünen-Stadtrat Ulrich Kost teil. Dieser ist aber gleichzeitig Vorstands-Mitglied im KuFo. Der gesunde Menschenverstand würde sagen, dass er dadurch befangen ist. Weil er für seinen Verein natürlich nur das Beste herausholen will, in diesem Fall unsere Steuergelder. Womit er nicht mehr das gesamte Gemeinwohl im Auge hätte.
Nein, so erklärt das Rathaus, es liege keine Befangenheit gemäß Gemeindeordnung § 18 (2) Nr. 3 vor, und begründet dies mit der spitzfindig anmutenden Unterscheidung: Kost sei nicht „vertretungsberechtigtes“ Vorstandsmitglied im KuFo – als wenn er ohne diese Berechtigung plötzlich gar nicht mehr das Beste für seinen Verein wollte. Laut KuFo-Satzung (§ 10, Abs. 3) entscheidet er im Vorstand über „weitere Personalstellen“. Und die kosten Geld. Also Geld, das er sich in seiner Funktion als Stadtrat selbst bewilligt.
Komischerweise hat Kost übrigens auch über den Zuschuss für den Schorndorfer Kunstverein mit abgestimmt. Dort ist er ebenfalls im Vorstand. Und dort wird er als „vertretungsberechtigt“ geführt.
So verspielt man das Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit.
Anmerkung der Redaktion:
siehe auch Beitrag „Grünen-Stadtrat Ulrich Kost: befangen“ vom 11. März 2023