
Alice Schwarzer (Foto: rbb)
Gedenktag
Am heutigen 3. Dezember feiert Alice Schwarzer ihren 80. Geburtstag. Die Journalistin und Herausgeberin der „Emma“ ist Deutschlands bekannteste Feministin. 83 Prozent aller Deutschen kennen sie, ermittelte 2006 das Institut Allensbach, 67 Prozent finden, sie habe „viel für Frauen getan“. Legendär ist ihre Aktion „Wir haben abgetrieben“, bei der sich 374 Frauen öffentlichen zu diesem damals illegalen Eingriff bekannten, um den § 218 abzuschaffen.
Ihr zu Ehren zeigte die ARD am Mittwoch ein Porträt über sie im Spielfilmformat. Dort beweist Nina Gummich in der Titelrolle große Schauspielkunst und bringt uns sehr überzeugend die Frau hinter dem berühmten Namen als Mensch näher. Sehr erstaunt sei sie gewesen, als sie das Drehbuch las, gab Gummich an. Nie hätte sie gedacht, wie viel Diskriminierung die Frauen noch in den 1970-er-Jahren erlebt haben, und wie viel von dem, was ihr heute selbstverständlich erscheint, erst durch Feministinnen errungen wurde.
Alice Schwarzer gilt als Pionierin dieser Frauenbewegung, von vielen für ihren Mut bewundert und gewürdigt, von anderen gefürchtet und gehasst. Dass ihr im Jahr 2014 Steuerhinterziehung vorgeworfen wurde, ist für sie kein Zufall, da sie mit der „Emma“ zu jenem Zeitpunkt eine Kampagne gegen Prostitution angezettelt hatte. Und dieses Metier sei mit „Milliarden-Profiten“ verbunden. Sie zahlte die Steuern nach, obwohl sie dazu nicht verpflichtet gewesen sei. Denn die Ermittlungsbehörden hatten die Verjährungsfrist ignoriert.
Als politische Journalistin kritisiert Alice Schwarzer seit 2014 die einseitige Berichterstattung über die Geschehnisse in der Ukraine. Sie begründet auf ihrer Homepage „Warum ich trotz allem Putin verstehe“. Sie ist Erstunterzeichnerin eines offenen Briefs an Bundeskanzler Scholz vom 29. April 2022 gegen Waffenlieferungen an die Ukraine. Ebenfalls unterschrieben dort u.a. Reinhard Mey, Antje Vollmer, Ranga Yogeshwar, Juli Zeh und Martin Walser.
Der ARD-Zweiteiler heißt „Alice“ und ist noch bis 30. Mai 2023 in der ARD-Mediathek verfügbar. Er zeigt Schwarzer 1963 als Au-pair-Mädchen in Paris, wo sie sich in einen Franzosen verliebt, bis hin zur Gründung der „Emma“ im Jahr 1977: eine Frau, die Ungerechtigkeit nicht hinnehmen will, und die sich mit Schlagfertigkeit und Humor gegen männliche Selbstüberschätzung und Arroganz behauptet.
Aber auch innerhalb der Bewegung nützt ihr diese Gabe. Denn wie jedes politische Engagement, das mit Leidenschaft betrieben wird, muss immer wieder abgeklärt werden, worum es eigentlich geht. Eine Szene im Film verdeutlicht dies gut: Die Frauen malen Plakate für eine Demo. Als Alice hinzutritt, wir sie spöttisch begrüßt: „Wir sind alle in Hosen. Nur Alice trägt wieder ein Kleid.“ Und wir reagiert diese? Sie bringt es so auf den Punkt: „Hör mir gut zu, Monique. Ich bin in dieser verdammten Bewegung, damit du deine Hosen tragen kannst und ich mein Kleid. Verstanden?“ Woraufhin diese anerkennend nickt.
Zur Vorbereitung auf ihre Rolle hatte sich Nina Gummich mit Alice Schwarzer getroffen und historische Aufnahmen von ihr studiert. Dabei sei sie überrascht gewesen „von der Zartheit, Melancholie und diesem Hauch von Paris, der von ihr ausgeht“. Und, wie sie der Deutschen Presseagentur gegenüber erklärt: „Es gibt noch etwas, was ich so nicht erwartet habe: Alice Schwarzer hat eine sehr kindliche Seite, sie ist spielerisch und mitfühlend, frech und neugierig. Diese Eigenschaften im Alter nicht zu verlieren, halte ich für besonders wertvoll und ungewöhnlich.“