Ein kurioser und vermutlich einmaliger Vorgang in der Schorndorfer Stadtgeschichte spielte sich bei der Schultheißen-Wahl im April 1903 ab. Heinrich Beißwanger, der bereits 5 Jahre Schultes in Geradstetten war und sich beworben hatte, erhielt mit 56 Prozent der Stimmen die eindeutige Mehrheit bei einer Wahlbeteiligung von 94 Prozent.
Doch der Gemeinderat erhob Einspruch. Er erklärte, dass er und „eine große Anzahl von Bürgern“ diese Wahl „als einen großen Fehler für die Stadt“ ansähen. Zusammen mit dem Bürgerausschuss annoncierte er im „Schorndorfer Anzeiger“, es gehe dabei nicht darum, „unseren Willen der Wählerschaft zum Trotz durchzusetzen“, sondern: „Nach unserer festen Überzeugung wird Herrn Beißwanger angesichts seiner großen und einflußreichen Verwandtschaft eine unparteiische Amtsführung unmöglich sein.“ Der 36-Jährige hatte nämlich Auguste Riehle geheiratet, die die Tochter vom Besitzer der Löwenbrauerei in Schorndorf war. Das erstgeborene Kind der beiden, Ilse, hatte erst drei Monate vor der Wahl das Licht der Welt erblickt.
„Der Mann, der nicht Schultes werden durfte“ weiterlesen