Kommentar
OB-Kandidat Markus Reiners sah sie im Wahlkampf als das Allheilmittel schlechthin, um die überschuldete Stadtkasse zu sanieren: Fördergelder! Man müsse mehr davon an Land ziehen. Dass diese Rechnung nie aufgehen kann, zeigt sich aktuell am Beispiel der Stabsstelle Klimaschutz: 4 ganze Stellen wurden dort für 5 Personen geschaffen, und für 4 Teilbereiche waren Fördergelder beantragt worden, wie in der Beschlussvorlage (Seite 3) für den Gemeinderat nachzulesen ist. Die ernüchternde Bilanz: Nur einem einzigen Antrag wurde voll entsprochen, und selbst der ist auf 3 Jahre beschränkt, dann ist Schluss.
Insgesamt fallen 324.600 Euro Personalkosten in dieser Stabsstelle an. Jährlich. Der einmalige Zuschuss für die CO2-Bilanzierung in Höhe von 3.200 Euro ist noch nicht einmal 1% dieser Summe. Und die für den Radwegekoordinator übernommenen 53.000 Euro entsprechen nur 16% der gesamt anfallenden Personalkosten pro Jahr. Oder anders ausgedrückt: 84% müssen aus der Stadtkasse bezahlt werden. Geld, das Schorndorf eigentlich nicht hat. Genau das ist das Gefährliche an den Fördergeldern: Sie verleiten dazu, eine Maßnahme zu beginnen, weil man anscheinend Geld geschenkt bekommt. Und wer will denn so doof sein, ein Geschenk auszuschlagen?
Was man kriegen kann, nimmt man doch gern mit! Dass aber dieser Geldsegen nur dann kommt, wenn man selbst noch etwas „drauflegt“, verdrängen dabei die meisten. Erst recht, dass dieses Drauflegen eigentlich den weitaus größeren Brocken ausmacht. Aber es funktioniert. Nicht nur in der Stadtverwaltung. Wie viele arglose Internetnutzer zahlen das Honorar eines angeblich afrikanischen Anwalts, der ihnen den Millionen-Nachlass seines kinderlos gestorbenen Mandanten schenken will?
Und so lässt sich dann die Stadtverwaltung in der Hoffnung auf dem reichen Geldsegen hinreißen zu Projekten, die sie mit nüchternem Verstand nicht begonnen hätte. Denn: Brauchen wir wirklich 5 Leute nur für Klimaschutz? Um etwa, wie gestern in der Lokalzeitung erklärt wird, in der Bevölkerung Bewusstsein für das Thema zu schaffen? Da müssen schon handfestere Ergebnisse her. Denn sonst besteht der Verdacht, dass man nur Steuergelder dafür verwendet, um das eigene Gewissen zu beruhigen.
Man muss sich auch fragen: Brauchen wir tatsächlich einen Radwegekoordinator, der neue Konzepte entwickelt? CDU-Fraktionschef Beutel wies in der jüngsten Sitzung des Technischen Ausschusses darauf hin, dass dazu schon längst Pläne von Herbert Schuck, dem Leiter des Fachbereichs Infrastruktur, vorliegen. Woran es hapert, sei die Umsetzung. Auch die Vorschläge von Jürgen Groß, wie RadfahrerInnen die Rems an seinem Röhmgelände überqueren könnten, wurden seinerzeit nicht aufgegriffen.
Nun wissen wir ja, dass mancher Oberbürgermeister der irrigen Auffassung ist, ein Stadtoberhaupt müsse alles und auch alles immer besser wissen als jeder andere. Da konnte ein Vorschlag aus der Bürgerschaft noch zu gut sein, er „durfte“ gar nicht besser sein als der vom „Chef“. Ganz abgesehen davon, hat so mancher OB vor lauter Leuchtturmprojekten mitunter seine „Hausaufgaben“ vergessen, nämlich: die Bürgerschaft mit dem zu versorgen, was sie vorrangig braucht. Wie zum Beispiel ein gutes Radwegenetz.
Dass für einen zusätzlich zu gründenden „Bürgerrat Klimaschutz“ jetzt auch noch 25 EinwohnerInnen „per Los“ ausgewählt werden sollen, schürt den Argwohn, dass auch hier Wissen und Ideen von Leuten, die sich auskennen, gar nicht gewünscht sind.
Bernd Hornikels große Chance besteht darin, genau an diesem Punkt neue Standards zu setzen und sich dadurch im positiven Sinne zu profilieren. Indem er Wissen, Erfahrung und Fachkompetenz derer, die hier wohnen, aufgreift. Wie zum Beispiel die langjährige Forderung von Fahrrad-Lobbyist Wilhelm Pesch, der die Einbahnstraßen für Radler in beide Richtungen befahrbar machen möchte. Das kostet so gut wie kein Geld und bringt sofort Wirkung.
Selbstverständlich sind Konzepte wichtig, damit man nicht kopflosen Aktionismus betreibt. Leider besteht dabei jedoch die Gefahr, vor lauter theoretischer Vorarbeit die Umsetzung aus den Augen zu verlieren. Hier hilft es, auf die kompetenten Menschen in Schorndorf zu hören. Denn SIE sind der wahre Schatz der Stadt.