Pilzbefall in Dachstuhl und Fachwerk der Meierei macht den Zeitplan zum Einzug der neuen Bücherei dort im Sommer 2025 zunichte. Der alte Gemeinderat wurde in seiner letzten Sitzung mit dieser Hiobsbotschaft durch den Sachverständigen Klaus Hoch informiert. Bei der Sanierung des Gebäudes in den 80-er-Jahren sei mit Epoxidharz gearbeitet worden, so dass die Feuchtigkeit nicht mehr aus dem Holz entweichen konnte.
„Warum hat man das Holz dort nicht vorher daraufhin untersucht, nachdem man schon das Negativbeispiel mit Epoxidharz-Schäden am Stadtmuseum kannte?“, fragte daher CDU-Stadträtin Kirsten Katz. „Schon an der Palm’schen Apotheke“, ergänzte ihr Fraktionskollege Manfred Bantel, „gab es das Problem mit Epoxidharz.“
„Wir sind Fachwerkstadt!“, erinnerte Friederike Köstlin (Grüne), da könne es ja schlecht sein, dass man ein Haus, das saniert werden muss, nicht auf dieses Problem hin untersucht. Sie will von der Verwaltung wissen, „wie hat der Auftrag gelautet“, den die Stadt dem Gutachtachter vor Baubeginn erteilt hat.
Thomas Schaal (CDU) zitierte Bürgermeister Englert, der im April 2022 vor dem Baubeschluss durch den Gemeinderat erklärt hatte: „Wir haben über kein Gebäude einen besseren Zustandsbericht.“ Von diesen Schäden sei damals jedoch keine Rede gewesen.
Er selbst hatte seinerzeit zusammen mit sieben weiteren RätInnen das Projekt abgelehnt, weil er davon ausging, dass die Informationen über Kosten und Aufwand, die die Verwaltung dem Gemeinderat präsentierte, nicht der Realität entsprechen. Seine Einwände seien jedoch als „populistisch“ bezeichnet und er als „Erbsenzähler“ beschimpft worden.
Englert erklärte, dass laut Gutachter Hoch mehr als die Hälfte der Hölzer von Fachwerk und Dachstuhl marode seien. Daher sei zu überlegen, ob man diese einzeln ersetzt, was er als „Stückwerk“ bezeichnete, oder nicht besser gleich das gesamte Gebäude ab Oberkante Erdgeschoss abreiße und gänzlich neu aufbaue – das Denkmalamt habe dazu schon grünes Licht gegeben.
„Also so geht’s nicht“, befand der CDU-Fraktions-Vorsitzende Hermann Beutel, den „dieser Sachverhalt maßlos ärgert“. Das Gleiche sei ihm schon beim Burggymnasium passiert: Der Gemeinderat beschloss, es zu sanieren, und dann habe es plötzlich geheißen, die Decken würden nicht halten, und man habe auf einmal komplett neu bauen müssen.
AfD-Stadtrat Lars Haise, der ebenfalls im Jahr 2022 nicht für das Bücherei-Projekt gestimmt hatte, sah bestätigt: „Die Zweifler hatten Recht.“ Daher schlug er mit ironischem Augenzwinkern eine dritte Variante vor, wie mit dem Gebäude zu verfahren sei: „Wir brechen den Bau ab und lassen alles so stehen“ – als Denkmal „für eine kapitale Fehlentscheidung“ der Kommunalpolitik „und meißeln die Namen derer, die damals dagegen stimmten, in die Mauer ein.“
Bezüglich der Kosten erklärte Englert: „Bevor ich Ihnen die Zahlen verlässlich mitteile, brauch‘ ich noch Info von der Firma Schatz.“ Am 10. September werde er vermutlich mehr sagen können, wenn sich der Technische Ausschuss des neuen Gemeinderats mit diesem Problem befasst, inklusive Vor-Ort-Besichtigung.
„Das ist ganz offen, transparent und ehrlich, wie wir Sie informieren“, beteuerte er, „wir sind sofort aktiv geworden“. Als Trost nannte er, dass der Beton-Rohbau des an die Meierei angebauten „Bücherturms“ fristgerecht fertiggeworden und seiner Ansicht nach „wunder‑, wunderschön“ sei.
Englert betonte, dass die Schäden im Holz der Meierei auch ohne Bücherei-Projekt von der Stadt behoben werden müssten. Stadtrat Haise empfahl, dass man daher auch gleich am benachbarten Spitalgebäude, bei dem bereits die Gefache aus dem Fachwerk rauszufallen drohen und mit Latten gesichert werden, entsprechende Untersuchungen einleitet.
Immer wieder wiesen Vertreter der Stadt darauf hin, dass die Schäden im Holz von außen nicht sichtbar gewesen seien, und von es innen verkleidet war. Im „laufenden Betrieb“ der städtischen Ämter, die dort residierten, sei daher keine größere Untersuchung möglich gewesen. OB Hornikel erklärte, dass hier „keine Pflichtverletzung und keine Haftung“ vorliege.
Hermann Beutel widersprach: „Das Gebäude stand jahrelang leer“, was sofort von Verwaltungsseite aus bestritten wurde. Tatsächlich war der Fachbereich „Stadtentwicklung und Baurecht“ dort am 30. Juli 2021 ausgezogen, also mehr als acht Monate, bevor der Gemeinderat den Baubeschluss für die neue Bücherei fasste.
Auf unsere Anfrage hin bestätigte der Sachverständige Klaus Hoch, dass es nicht möglich sei, solch einen Schimmelbefall von außen mit bloßem Auge zu erkennen. Denn auf das Epoxidharz werde, bevor es aushärtet, ein Holzbrett gedrückt, so dass eine natürliche Holzstruktur entstehe.
Von innen könne er mit einem dünnen Bohrer den Schaden sehr schnell erkennen, weil das zutage tretende Holzmehl unter Pilzbefall deutlich dunkler gefärbt sei als bei einem intakten Balken. Er deutete an, dass er selbst auf Holzschäden spezialisiert sei und entsprechende Erfahrung und Kenntnis mitbringt, so wie seine Kollegen im Stuttgarter Raum sich auf anderen Teilgebieten besonders gut auskennen.
Als er von der Firma Schatz im November 2023 beauftragt wurde, das Fachwerk der Meierei entsprechend zu untersuchen, habe er Einsicht in den Bericht des vorherigen Gutachters erhalten, in dem es „Hinweise auf Holzschäden gegeben hat“.
siehe dazu: Kommentar „Herr des Verfahrens“