Gastbeitrag«
Die ehemalige Schorndorferin Eva-Maria Gideon hat bei der Gedenkveranstaltung zu 80 Jahre Kriegsende am 8. Mai in Schwäbisch Gmünd für die dortige Friedensinitiative eine Rede gehalten.
Sie bezeichnete ihren Beitrag als „Ergänzung“ zur vorausgegangenen Rede des Oberbürgermeisters, die sie als „sehr gut“ empfand und dem sie entsprechend Beifall gezollt hatte.
Hier der volle Wortlaut:
„Die Erinnerung an die Gräuel der Nazizeit, an die Kriege Nazideutschlands, an das Leid und den Schmerz, den unser Land anderen Menschen und Nationen zugefügt hat, diese Erinnerung ist notwendig in einer Zeit, in der schon wieder eine erschreckende Hetze gegen „den Feind“ zu erleben ist.
Eine Zeit, in der Kriegstüchtigkeit erstrebt wird, Straßen und Brücken panzertauglich gemacht werden sollen und junge Leute für den Krieg geworben werden.
Ein Feindbild wird von neuem propagiert. Es ist ein altes Feindbild: der böse Russe, der uns überfallen möchte.
Zur Feindbildpflege gehört, dass man nur die eigene Sicht der Dinge gelten lässt, nur die halbe Wahrheit erzählt. Es ist stets der Andere, der angreift. Es gibt keine Vorgeschichte.
Man selbst verteidigt sich nur. Das Handeln des Anderen hat keinen Grund außer seiner Bösartigkeit. Nur die eigene Sicherheit sieht man bedroht, ein Sicherheitsbedürfnis des Anderen existiert überhaupt nicht.
Zur Feindbildpflege gehört, dass man nicht miteinander redet, nicht verhandelt, die andere Seite nicht in fairer Weise zu Wort kommen lässt. Aber unser Hass geht noch weiter: Russland wird es verwehrt, in unserem Land seiner hier Getöteten zu gedenken. Warum handelt unsere Regierung so?
Am 22. Juni 1941 überfiel Deutschland die Sowjetunion. In drei Jahren Krieg starben ca. 27 Millionen Russen: Soldaten und Zivilisten, Greise, Mütter, Väter, kleine Kinder, größtenteils ließ man sie mit voller Absicht verhungern.
Warum wird ihrer nicht gedacht an diesem Tag? Wollen wir uns nicht erinnern?
Wie schön wäre es, wenn wir gelernt hätten, warum dieser Krieg, dessen Ende wir heute gedenken, warum dieser Krieg entstanden ist. Dann müssten wir die alten Fehler nicht wiederholen.
Wie schön wäre es, wie Frieden stiftend, wenn wir aufeinander zu gehen könnten, gemeinsam gedenken, gemeinsam trauern und gemeinsam an einer friedlichen Zukunft arbeiten.
Wie notwendig wäre es, die ganze Wahrheit zu erfahren über den Ukrainekrieg, über die Rolle der Ukrainer, der Russen, der USA, der NATO, der EU, aber auch über unsere Beteiligung.
Und wie schön wäre es, in einem Land zu leben, in dem ein deutliches NEIN ertönt, wenn Kriegshetzer in Politik und Medien uns auf einen neuen Krieg einstimmen wollen.
Nie wieder Faschismus – nie wieder Krieg!“