
Gedenktag
Heute vor 24 Jahren starb Rosa Kamm.
Sie war eine sehr engagierte Sozialdemokratin: 1946 in die verfassungsgebende Landesversammlung gewählt sowie mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet – als erste Frau im Landkreis Waiblingen.
Geboren 1907 in Schwäbisch-Gmünd als Tochter eines Schriftsetzers, die Großmutter verkaufte Scheuersand, machte Rosa eine kaufmännische Lehre und trat früh der SPD bei. Sie heiratete, gerade 18 Jahren alt, den zehn Jahre älteren Gottlob Kamm aus Schorndorf. 1931 nahm sie (als 24-Jährige und dreifache Mutter) an einem Treffen der Sozialistischen Arbeiterjugend in Frankfurt teil mit einem Transparent: „Hitler = Krieg“. Die Kamms hängten bei Feiertagen keine Hakenkreuzfahne vors Haus.
Rosa Kamm war katholisch und zeigte ihre Zugehörigkeit zum Arbeiterstand offen, indem sie mit ihren Freundinnen, wenn sie zum Sportplatz zogen, laut Arbeiterlieder sang. Sie betrieb das „Ständle“ am Bahnhof bis 1939: ein Arbeitstag, der morgens um 5 Uhr begann und nach 21 Uhr endete, und das mit drei kleinen Kindern, die dort auch mithalfen. Direkt am Bahnhof traf man sich auch zum Austausch von Neuigkeiten.
Im Februar 1934 verhaftete die Gestapo ihren Mann und brachte ihn ins KZ Oberer Kuhberg nach Ulm. Die Familie erlebte sieben Hausdurchsuchungen der Gestapo. In einem Brief schrieb sie Gottlob: „Tag für Tag warten wir, daß du endlich kommst. Auf jedem Zug sehen wir nach, ob du nicht mitkommst.“ Auch direkt an Adolf Hitler wandte sie sich mit der schriftlichen Bitte, ihren Mann zu entlassen, was am 19. Mai 1934 dann auch geschah.
Nach dem Krieg wurde Rosa Kamm in die verfassungsgebende Landesversammlung von Württemberg-Baden gewählt (als eine von sieben Frauen neben 93 Männern). Gottlob wurde Minister für Entnazifizierung. Rosa Kamm übernahm 1946 die Leitung des Ortsvereins der SPD in Schorndorf. Sie war eine der ersten Frauen im Gemeinderat von Schorndorf und im Kreistag. Dort setzte sie sich vorrangig für das Krankenhauswesen ein. Sie leitete die Arbeiterwohlfahrt und war im Sport sehr engagiert. Dafür wurde sie vom Fußballbund geehrt. 1970 bekam sie als erste Frau im Kreis Waiblingen das Bundesverdienstkreuz verliehen. Tochter Ursula kam 1942 zur Welt und trat in ihre politischen Fußstapfen.
In einer Rede am 4. März 1956 sagte Rosa Kamm unter anderem dies: „Ich komme als eine der wenigen Frauen, die sich mit der Politik beschäftigen, zu Ihnen. Ich weiß, dass ein Großteil der Männer heute noch die Ansicht vertritt, die Frau gehört ins Haus zu den Kindern. Diese Auffassung wird wohl so lange anhalten, bis das sogenannte schwache Geschlecht von sich aus nicht selbst den Mut aufbringt, sich die Gleichberechtigung auf politischem Gebiet zu erkämpfen.“
(Quelle: „Lauter Schorndorfer Weiber – Stadtrundgang der Frauengeschichts-Werkstatt Schorndorf“, kostenfrei erhältlich bei der Stadt-Info)