Mehr Selbstbewusstsein!

Kom­men­tar«
Am Don­ners­tag soll der Ge­mein­de­rat be­schlie­ßen, dass ein Wett­be­werb zur Um­ge­stal­tung des Un­te­ren Markt­plat­zes aus­ge­ru­fen werde. Und kein Mensch er­in­nert sich mehr daran, wie vor Jah­res­frist sämt­li­che Lo­kal­po­li­ti­ker laut­hals ver­kün­det ha­ben, dass die hoch­ver­schul­dete Stadt nur noch Geld für Pflicht­auf­ga­ben hat, nicht aber für Dinge, die zwar schön wä­ren, wenn man sie hätte, aber nicht le­bens­not­wen­dig sind.

Kommt na­tür­lich auf die De­fi­ni­tion an. Wer der Mei­nung ist, dass alle Au­tos ver­bannt wer­den müs­sen, um den Pla­ne­ten zu ret­ten, wird die­ses An­sin­nen als ab­so­lute Pflicht ein­ord­nen. Wenn hin­ge­gen die Ge­win­nung von Frack­ing-Gas in den USA dem Klima weit­aus grö­ßere Schä­den zu­fügt als der CO2-Aus­stoß hie­si­ger Au­tos, wer­den starke Zwei­fel ge­nährt, ob die­ses Ar­gu­ment nicht nur vor­ge­scho­ben wird. Eine Re­por­tage des NDR zeigt dazu am 16. Ok­to­ber ent­spre­chend „er­schüt­ternde Er­geb­nisse“.

Ohne Frage ist ein schön ge­stal­te­tes Areal eine grö­ßere Au­gen­weide als ein Auto-Ab­stell­platz. Aber ma­chen wir uns nichts vor: Wenn fremde Bü­ros an die­sem Wett­be­werb teil­neh­men, be­steht die große Ge­fahr, dass sie uns Vor­schläge prä­sen­tie­ren, die we­nig Ge­spür für die ge­wach­se­nen Ei­gen- und Schön­hei­ten un­se­rer Stadt auf­wei­sen.

Man mag ge­teil­ter Mei­nung sein, ob die ver­beulte gol­dene Auf­zug­tür im Rat­haus-Foyer der Gip­fel der Äs­the­tik ist. Völ­lig in­dis­ku­ta­bel ist je­doch ein Be­ton­bun­ker, der als An­bau der neuen Bü­che­rei dem En­sem­ble­schutz der his­to­ri­schen Alt­stadt dia­me­tral ent­ge­gen­steht. Das Pro­blem: Wenn man ei­nen Wett­be­werb aus­schreibt, muss man nach­her auch ei­nen die­ser Ent­würfe neh­men.

Nie ver­ges­sen soll­ten alle, die diese Ent­schei­dung tref­fen, dass De­si­gner häu­fig mehr daran in­ter­es­siert sind, ih­ren Ruf als Pio­niere völ­lig neuer Ge­stal­tungs­ideen zu meh­ren, als un­se­rer Stadt­be­völ­ke­rung et­was Gu­tes zu tun. Diese Avant­gar­dis­ten le­gen den Ent­wurf dann in ihre Be­wer­bungs­map­pen für Preise. Aber wir müs­sen tag­täg­lich mit dem An­blick so man­cher Ent­glei­sung le­ben.

Die Tat­sa­che, dass Schorn­dorf kein Geld hat, kann hier aber so­gar nutz­brin­gend wir­ken. In­dem die Stadt­ver­wal­tung näm­lich Ab­stand nimmt von Heils­ver­spre­chen, die von au­ßen kom­men, und da­für die ei­ge­nen Stär­ken ak­ti­viert. Mehr Selbst­be­wusst­sein! Da gibt es mehr Po­ten­tial, als man­cher glaubt. Das gilt es zu we­cken.

Im Fall „Un­te­rer Markt­platz“ ist das gar nicht so schwer: Es reicht schon, wenn al­lein der Schau­kas­ten mit dem Old­ti­mer, der da zwi­schen die bei­den Sitz­ron­delle ge­quetscht wurde, ent­fernt würde. Die Auf­ent­halts­qua­li­tät nähme schlag­ar­tig ex­trem zu.

Und das Geld, das man für Ge­stal­tungs­bü­ros aus­gibt, wäre weit­aus bes­ser an­ge­legt in Bäu­men, die schon ei­nen Kro­nen­durch­mes­ser von 4 Me­tern ha­ben, so dass man dar­un­ter auch wirk­lich Schat­ten fin­det – an­ders als bei den ak­tu­el­len ver­krüp­pel­ten Ver­sio­nen.

Ohne Glas­con­tai­ner könnte der Raum vor der Rat­haus­fas­sade – wie frü­her schon – als kleine Bühne ge­nutzt wer­den. Da müsste man das Rad gar nicht neu er­fin­den mit ei­ner ei­gens ge­schaf­fe­nen „Kul­tur­bühne“. Wenn dann auch noch die Be­leuch­tung für das Wei­ber-Mo­saik wie­der in­stand­ge­setzt wird, sähe die Be­völ­ke­rung, dass im Ge­mein­de­rat nicht im­mer nur neues „Spiel­zeug“ an­ge­schafft wird, son­dern man mit dem be­reits Vor­han­de­nen pfleg­lich um­geht.

Und be­züg­lich der Nut­zung des Un­te­ren Markt­plat­zes kön­nen ohne viel Auf­wand kluge Kom­pro­misse an­ge­steu­ert wer­den, statt Ab­so­lut­heits­ge­ba­ren à la Son­nen­kö­nig zu pfle­gen, der be­kann­ter­ma­ßen prunk­volle Gär­ten und Was­ser­spiele an­le­gen ließ – mit dem Geld, das er sei­nem hart ar­bei­ten­den Volk zu­vor ab­ge­presst hat.

Grü­nen-Stadt­rat Ul­rich Kost schrieb in „Schorn­dorf ak­tu­ell“, dass die par­ken­den Au­tos dort bis­her nutz­los rum­stün­den und nur Platz weg­näh­men. Er will sie zu­guns­ten ei­ner ver­bes­ser­ten so­ge­nann­ten „Auf­ent­halts­qua­li­tät“ ver­ban­nen, was über­spitzt hieße, dass dann statt­des­sen dort Men­schen ein­fach nur rum­sit­zen. Und an­de­ren für de­ren Nut­zung den Platz weg­neh­men. Schließ­lich wird ja dort nicht rund um die Uhr ein Be­spa­ßungs­pro­gramm an­ge­bo­ten wer­den.

Die Kunst der Kom­mu­nal­po­li­tik be­steht darin, mög­lichst viele In­ter­es­sen un­ter ei­nen Hut zu brin­gen. Da­für ha­ben wir un­sere Stadt­rä­tIn­nen ge­wählt. Vor al­lem wün­schen wir uns, dass diese über den Tel­ler­rand ih­rer ei­ge­nen Par­tei-Ideo­lo­gien hin­aus­se­hen und der hie­si­gen Ein­woh­ner­schaft die­nen.

Statt ei­nes „Ent­we­der-Oders“ gilt es, sich dem  „So­wohl als auch“ zu öff­nen, sprich: Für die Be­völ­ke­rung ei­nen Platz schaf­fen, auf dem werk­tags ge­parkt wer­den kann für alle, die im Stadt­zen­trum ein­kau­fen, ar­bei­ten, Arzt­be­su­che ma­chen, Gast­stät­ten auf­su­chen, und so­mit die die Stadt mit Le­ben fül­len. Und in der üb­ri­gen Zeit kön­nen dort auch Feste ge­fei­ert wer­den. Das schüfe zwei Ge­win­ner.

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