Glosse
Wie ein Oberbürgermeister sich elegant gegen Widerstände durchsetzt, ist auf dem Unteren Marktplatz am Paradebeispiel des Oldtimer-Schaukastens zu bewundern.
Das Vorgehen ist lehrbuchmäßig:
1. Der Kasten wird zunächst als Leihgabe hingestellt. So kann sich die Bevölkerung mit eigenen Augen von dessen Schönheit überzeugen.
2. Kritiker werden beruhigt mit: Der bleibt dort nur während Gartenschau.
3. Wenn diese vorbei ist, berichtet man von einem „einmaligen Angebot“ der Firma: Für nur 30.000 Euro könne die Stadt ihr den Kasten abkaufen.
4. Kritikern wird erklärt: Dieses Geld mache sich durch reiche Touristenströme schnell bezahlt, denn die Stadt würde durch die Berühmtheit der Firma selbst noch berühmter werden.
5. Einwände von BürgerInnen, Leserbriefe, Stellungnahmen, dass der Kasten das „Weiber“-Mosaik verdecke, werden gelassen ignoriert.
6. Anfragen aus dem Gemeinderat verschiebt man souverän auf einen späteren Zeitpunkt. Dabei immer betonen, dass da noch lange nichts entschieden ist.
Und wenn nach einiger Zeit nachgefragt wird, wann denn die versprochene Diskussion endlich stattfindet, lächelnd darauf verweisen, dass die Sache doch schon längst abgesegnet wurde: Durch die Verabschiedung des städtischen Haushalts hat der Gemeinderat das Projekt nämlich – en bloc mit allen anderen Anträgen – bereits beschlossen.