Kommentar
Geschäftsleute reduzieren ihren Stromverbrauch. Familien drehen ihre Heizung runter. Warum? Weil Energie teuer wird. Weil sie Angst haben, sonst ihre Rechnungen nicht bezahlen zu können.
Man könnte jetzt behaupten, im Rathaus habe man es damit nicht ganz so eilig, weil die Leute dort ihr Budget nicht selbst erwirtschaften wie die Gewerbetreibenden. Für sie gelte offenbar nicht, wie für jeden Privathaushalt, dass man sich an anderer Stelle einschränken muss, wenn Strom und Gas mehr kosten, weil Geld schlicht nicht unbegrenzt da ist.
Es scheint, als wisse die Stadtverwaltung gar nicht, was Sparen überhaupt ist. Wenn nicht genug Steuergelder fließen, schimpft sie auf die böse Regierung in Berlin und Stuttgart, die ihr zu wenig davon zuweisen. Und wenn der Haushalt in Schieflage kommt, erhöht man kurzerhand Gebühren und Eintrittsgelder. Doch dieser Gedanke greift zu kurz.
Denn die Stadtverwaltung hat einen Eigenbetrieb: die Stadtwerke. Dieser Eigenbetrieb glich in früheren Jahren stets das jährliche Defizit des Hallenbads aus. Unter Geschäftsführer Seufert war er eine Art Goldesel fürs Rathaus. Von dort wurde finanziert, was das Herz begehrte. Von dort wurde gesponsert, was das Zeug hielt.
Inzwischen ist der Goldesel erlahmt. Spätestens wegen des prächtigen Neubaus ist sein Geldfluss ganz versiegt. Ja, der Goldesel ist jetzt selbst zum Sorgenkind geworden. Was brauchen die Stadtwerke also dringend, um wieder auf die Beine zu kommen? Geld. Was hülfe, um eine drohende Pleite abzuwenden? Geld. Woher kommt dieses Geld? Aus dem Verkauf von Strom.
Die Stadtverwaltung steckt also ganz klassisch in der Zwickmühle. Sie will Energie sparen, doch vom Verkauf dieser Energie hängt das Überleben der Stadtwerke ab. Mit ihrer Beleuchtung sorgt die Stadt dafür, dass der Eigenbetrieb zu Geld kommt. Täte sie das nicht, müsste sie ihn anderweitig subventionieren. Auch aus Steuergeldern. Da sagt sie sich: Dann doch lieber mit Licht für das Geld, das wir dort sowieso reinpumpen müssen. Dann haben wir wenigstens noch was davon.
Der Bevölkerung gegenüber aber kommt die Verwaltung mit anderen Erklärungen, wenn nicht gar Ausflüchten, wie „Es sind ja nur LEDs. Die verbrauchen so gut wie keinen Strom“, oder mit der Sorge um das Seelenheil der Menschen, weil ohne Christbaumbeleuchtung auf dem Marktplatz kein Weihnachtsgefühl aufkomme. Um den vermeintlichen Untertan vollends zu übertölpeln, werden gern auch schicke Modewörter verwendet, wie beispielsweise „Symbolpolitik“, um Spar-Vorschläge als kleinkariert hinzustellen.
Ein echter Fall von Symbolpolitik ist, wenn man eine Stabsstelle für den Klimaschutz einrichtet, und so tut, als würde allein damit CO2 eingespart. Symbolpolitik ist, wenn man Geld für diese Personalstellen ausgibt, und glaubt, damit hätte man das Klima bereits gerettet. Symbolpolitik ist, wenn man den Menschen etwas vorgaukelt. Symbolpolitik ist, wenn man es nicht wirklich ernst meint.
Abgesehen davon, dass die Verwaltung sich selbst unglaubwürdig macht, wenn sie ihr Bekenntnis zur Rettung des Klimas nicht auch sichtbar in die Tat umsetzt, ist es höchst unklug, in der Bürgerschaft den Eindruck zu erwecken, man wolle sie für dumm verkaufen. Denn das rächt sich über kurz oder lang.
Spätestens wenn die nächste Krisensituation den Zusammenhalt der gesamten Stadtgemeinschaft erfordert, könnte es dann passieren, dass diese sich nur benutzt fühlt: als billige Hilfskräfte, die man ruft, wenn man sie braucht, aber ansonsten nicht besonders wertschätzen muss. Appelle für mehr ehrenamtliches Engagement werden dann zwangsläufig ungehört verhallen.