Kommentar«
Morgen wird der Gemeinderat den Haushaltsplan für 2024 verabschieden. Obwohl die Verwaltung im kommenden Jahr weitere 4 Millionen Euro Schulden anhäufen will. Dadurch wird sie insgesamt über 200 Millionen Euro aufgetürmt haben. Eine Summe, die so unvorstellbar groß ist, dass manche offenbar aufgehört haben, sich darüber Sorgen zu machen.
Im fränkischen Burgpreppach hat der Gemeinderat unlängst dem Haushaltsentwurf seine Genehmigung verweigert. Weil die Pro-Kopf-Verschuldung dort von 745 Euro auf 2335 Euro explodiert ist. Von solchen Ratsbeschlüssen sind wir in Schorndorf weit entfernt, obwohl hier diese Verschuldung sogar das Doppelte beträgt: bereits 4.657 Euro pro Kopf. Und nächstes Jahr auf 5.400 Euro steigen wird – mindestens. Da ist kein Aufschrei. Weil so unvorstellbar.
Dieser Schuldenberg, so rechtfertigt sich die Verwaltung, sei nur deshalb entstanden, weil ein „Investitionsstau“ abgearbeitet werden musste. Tatsächlich wurden auch endlich Einrichtungen für die Kinderbetreuung geschaffen, nachdem jahrzehntelang einfach nur behauptet worden war, es gäbe keinen Bedarf, weil im Rathaus keine derartigen Anfragen eingegangen seien.
Aber warum hat es dann zum Beispiel gleich ein Super-Duper-Luxus-Bewegungskindergarten sein müssen?! Für über 8 Millionen Euro! Sind die denn von Sinnen?! Eine KiTa baut man für 3 bis 3,6 Millionen Euro. Für das hier ausgegebene Geld bekommt man zwei, wenn nicht sogar drei Kitas. Funktionale. Funktionierende. Waldkindergärten sogar in rauen Massen.
Was hat die Verantwortlichen geritten, hier Geld einfach nur zum Fenster rauszuschmeißen? Da fühlt man sich in die Barockzeit zurückversetzt, als kleine Fürstentümer miteinander wetteiferten, wer der Schönste, Reichste und/oder der größte Kulturmäzen im Lande ist. Prunk und Protz war oberstes Gebot. Alle eiferten sie dem Sonnenkönig in Versailles nach. Das Ludwigsburger Schloss, von Herzog Eberhard Ludwig erbaut, ist dafür ebenso ein Beispiel wie die Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar.
Leider hält dieses Gebaren immer noch an, bis in unsere heutige Zeit. So sagte mir vor wenigen Jahren Baubürgermeister Andreas Stanicki: „Wir müssen das Hallenbad bauen. Denn wenn wir es nicht tun, machen es andere Städte. Und die stehen dann gut da.“ Das ist Punkt: Die stehen dann gut da. Das darf nicht sein. Es geht um Außenwirkung. Es geht nicht unbedingt um die Versorgung der Bevölkerung mit dem, was sie am meisten braucht.
Bezeichnenderweise ist bei sämtlichen Neubauten, bis hin zur neuen Stadtbücherei, denn auch nie groß die Rede von Nachfolgekosten gewesen, die durch diese Investitionen entstehen. Nicht nur die aufgetürmten Schulden, sondern auch Unterhalt und spätere Sanierung dieser Einrichtungen wird ein Dauerthema mit beträchtlichen Kosten darstellen. Durch solcherlei Investitionen ist der nachfolgenden Generation die Zukunft im wahrsten Sinne des Wortes verbaut worden. Ihnen bleiben nur noch sehr, sehr kleine finanzielle Spielräume.
Wer glaubt, dass so ein Faktor einfach nur übersehen wurde, weil die Verwaltung zu viel um die Ohren hat, und deshalb nicht über den Tag hinaus denken kann, liegt falsch. Bei den Haushaltsanträgen aus den Ortschaften, die von der Verwaltung abgeschmettert wurden, waren genau diese Folgekosten das Hauptargument.
Übrigens wurde in Sachen Schultoiletten Weiler mittlerweile eine Lösung gefunden. Nachdem sich SPD-Stadträtin Silke Olbrich beim OB persönlich wegen der Sicherheit dieser Kinder eingesetzt hat, besah sich die Verwaltung die Sache vor Ort. Und stellte fest, dass man mit einem Durchbruch in der Hauswand und einer Bretterverkleidung den Kindern einen sicheren Weg zum Örtchen verschaffen kann. Kostenpunkt: 20.000 Euro. Im Technischen Ausschuss waren sämtliche StadträtInnen von dieser Lösung schlichtweg begeistert.
Dazu fiel mir spontan eine selbsterlebte Weihnachtsgeschichte ein: Wir hatten unserer keinen Nichte, weil wir aus Prinzip keine zu großen Geschenke machen wollten, ein Armbändchen mit Glitzersteinen aus Plastik geschenkt. Es kostete 1 Euro. Als ihre Mutter sie abends ins Bett brachte und mit ihr über den Tag sprach, fragte sie auch, welches Geschenk ihr denn am meisten gefallen hat. Die Antwort der Tochter: „Der Puppenwagen – und das Armband.“
Ebenso können wir davon ausgehen, dass Dutzende von Müttern in Weiler sich über den Bretterverschlag an ihrer Grundschule mindestens ebenso freuen wie über die neue Stadtbücherei am Archivplatz. Wenn nicht sogar noch mehr.