Kommentar
Ist es lediglich ein dummer Zufall?
Nur einen Tag, nachdem der Gemeinderat beschloss, der hiesigen Gastronomie Geld für Sonnenschirmsockel zu schenken, sah ich, dass beim „Incontro“ an der Kirche ein solches Fundament bereits gelegt wurde. Kurz darauf stak darin einer jener riesigen Schirme, wie sie für die SchoWo auf dem Marktplatz angeschafft wurden.
Man fasst sich ohnehin an den Kopf: Ein Sonnenschirm-Sockel als Hilfe für die derzeit arg gebeutelte Gastronomie – das klingt wie purer Hohn.
Die Lokale sind im Lockdown. Manche Wirtinnen und Wirten geraten in Existenznot.
In Portugal sind deshalb einige von ihnen vor dem Parlament in Hungerstreik getreten.
Ein Sonnenschirmsockel ist da wohl das Letzte, was sie jetzt brauchen.
Übrigens: Stadträtin Kirsten Katz ist die Einzige, die diesem Beschluss nicht zugestimmt hat.
Falls die Lokale wieder öffnen dürfen, solle damit die Bewirtung im Außenbereich unterstützt werden, weil man in die Schirme Heizstrahler hängen könne, heißt es aus dem Rathaus.
Ein Partyzelt, wie am Café Moser unlängst aufgestellt, hält freilich diese Wärme vermutlich besser als ein Sonnenschirm.
Pro Betrieb dürfe das Geld für zwei Sockel abgerufen werden. Und: Die Stadt finanziert nur das Fundament. Was etwa 3.000 Euro kostet. Den Schirm muss die Gaststätte selbst bezahlen, ja, sogar auch die Hülse, die im Fundament den Schirm halten soll.
Man fragt sich zum einen, ob es nicht etwas überteuert ist, für ein bisschen Beton in der Erde 3.000 Euro zu veranschlagen.
Man fragt sich zum anderen, ob die Gastronomie jetzt das Geld hat, in einen neuen Schirm zu investierten.
Man fragt sich auch, warum nur die Innenstadt-Gastronomie auf diese Weise gefördert werden soll.
Irgendwie klingt das alles nach einem verzweifelten Versuch, sich als Retter einer gebeutelten Branche darzustellen.
Den Wirtinnen und Wirten wäre vielleicht eher gedient, wenn sie die 6.000 Euro auf ihr Konto überwiesen bekommen hätten.
Vollends fraglich wird diese Maßnahme, wenn man sich daran erinnert, mit wieviel Kraft- und Zeitaufwand die Haushaltsstruktur-Kommission kürzlich den städtischen Etat um 3 Millionen Euro zusammengestrichen hat, und z. B. Manufaktur, Kulturforum und Q‑Galerie nun 50.000 Euro weniger für ihre kulturelle Arbeit bekommen.
Das, was man damals mit Bauchschmerzen eingespart hat, wirft der Gemeinderat jetzt ohne jede Hemmung wieder zum Fenster raus – pardon: lässt’s in der Erde verbuddeln.