Wahlkampf-Nachlese

Kom­men­tar«
Ganz im Zei­chen der Bre­zel kam die­ser Wahl­kampf 2024 im Pro­spekt der SPD da­her. Sie dis­ku­tierte dort die – für die Stadt­po­li­tik sehr be­deut­same – Frage, was bei der Bre­zel „oben“ ist: die Ärm­chen oder der di­cke Teil?

Ver­mut­lich war das sym­bo­lisch ge­meint und wir ha­ben es nur nicht ver­stan­den. Was wie­derum kein Wun­der ist, denn bei der Bil­dung scheint es in Schorn­dorf stark zu ha­pern. Al­lein auf den ers­ten 3 Sei­ten ih­res Pro­spekts ha­ben sage und schreibe 6 SPD-Kan­di­da­tIn­nen „Bil­dung“ als „Her­zens­thema“ für ihre an­ge­strebte Ar­beit im Ge­mein­de­rat ge­nannt.

Da kön­nen sie gleich bei Mat­thias Not­h­durft von der neuen Liste na­mens „Bür­ger­stimme Schorn­dorf“ be­gin­nen, der in sei­nem per­sön­li­chen Flyer „in­tel­li­gen­ter Wachs­tum“ [sic] an­führte. Dass aus­ge­rech­net das Wort „in­tel­li­gent“ dort falsch ge­schrie­ben war, brachte den ei­nen oder die an­dere zum Schmun­zeln. Na­tür­lich kön­nen sol­che Schreib­feh­ler im Stress des Wahl­kampfs vor­kom­men.

Pas­send zum Thema Bre­zel hatte die CDU mit Jenny Wied­maier eine Bä­ckers­frau auf­ge­stellt, die dann dort auch prompt von den bei­den ge­wähl­ten Frauen die meis­ten Stim­men er­rang. Dies nicht zu­letzt dank über 1.200 Fol­lo­wern auf In­sta­gram und/​oder weil sie Schorn­dorf gern „le­ben­di­ger“ ma­chen und den „Frei­zeit­wert“ der Stadt stei­gern will – so­mit also den Be­griff „Brot und Spiele“ per­fekt per­so­ni­fi­ziert.

Mehr Stim­men als sie ha­ben als Neu­linge auf die­ser Liste nur noch Krötz, Lül­fing und Mül­ler-Eiß­feldt be­kom­men. Ers­te­rer punk­tete als Vor­sit­zen­der des CDU-Stadt­ver­bands, der zweite als Feu­er­wehr­kom­man­dant, und letz­te­rer war­tete mit durch­aus be­mer­kens­wer­ten Hob­bies auf: Rei­ten, Ja­gen, Fi­schen, den Hund an der Seite – was ir­gend­wie ein biss­chen nach Guts­her­ren­art klingt.

Selbst die „Bür­ger­stimme Schorn­dorf“ (BSS) – sonst eher auf be­tont ei­gen­wil­li­gem Kurs – hatte das Bre­zel­thema be­dient, vor­aus­ge­setzt man denkt bei ih­rem Slo­gan „BSS – die Liste mit Biss“ an just die­ses Back­werk.

Die FDP/FW-Liste be­stach in ih­rem Pro­spekt mit durch­aus kunst­voll ver­schränk­ten Wort­kom­bi­na­tio­nen – also ganz so, wie es die Ärm­chen der Bre­zel sind. Bei­spiel: „Ak­tion sau­be­res Schorn­dorf für mehr Sau­ber­keit“ oder „Auf­kom­mens­neu­trale Grund­steuer“ und „Be­grü­nung ohne Schot­ter­flä­chen“.

Auch die Grü­nen mach­ten mun­ter mit, in­dem etwa Ralf Neu­mann sein Gar­ten­grund­stück (schwä­bisch: „Stückle“) zu ei­ner Streu­obst­wiese „auf­bre­zelte“. Dies viel­leicht aus Angst, weil „Stückle“ Mund­art ist, mit­hin tra­di­tio­nell und des­halb wo­mög­lich als „völ­kisch“ ge­se­hen wer­den könnte – und so­mit un­lieb­sam als „rechts“ aus­ge­legt wer­den könnte.

Zur AfD konnte nichts hin­sicht­lich Bre­zel in Er­fah­rung ge­bracht wer­den. Denn de­ren Pro­spekte wur­den nicht in Brief­käs­ten ge­wor­fen, auf de­nen „keine Wer­bung“ klebt. Die meis­ten Lis­ten um­gin­gen üb­ri­gens ele­gant die Frage, ob Wahl­kampf-Pro­spekte als un­er­wünschte Wer­bung oder wich­tige In­for­ma­tion für Staats­bür­ger gel­ten: Sie lie­ßen sie ein­fach als Ein­le­ger im Wo­chen­blatt ver­tei­len.

Dies tat auch die „Bür­ger­stimme Schorn­dorf“. Aber dann wa­ren diese Flyer doch nicht ein­ge­legt. Der Ver­lag machte die Panne da­durch wett, dass er den Flyer als ganz­sei­tige Wer­bung in der nach­fol­gen­den Aus­gabe ab­druckte.

Manch ei­ner emp­fand den Wahl­kampf 2024 im All­ge­mei­nen eher als lang­wei­lig: keine Po­di­ums­dis­kus­sion der Lo­kal­zei­tung in der Kün­kel­in­halle, der „heiße Stuhl“ bei der „De­mo­kra­tie­kon­fe­renz“ des Kreis­ju­gend­rings fiel man­gels In­ter­esse aus, und auch bei den Vor­stel­lungs­run­den in den Teil­or­ten blie­ben die Par­teien weit­ge­hend un­ter sich.

Le­ser­brief­schlach­ten wa­ren eben­falls aus­ge­blie­ben. Un­ter Um­stän­den lag das auch daran, dass Briefe zwar ge­schrie­ben und ab­ge­schickt wur­den, aber nur nicht zum Ab­druck ka­men. So­mit weist die Wahl ’24 le­dig­lich ei­nen ein­zi­gen grö­ße­ren Fall von Schlag­ab­tausch in der Zei­tung auf: mit Dag­mar Kel­ler als Prot­ago­nis­tin.

Sie be­zeich­net sich im SPD-Wahl­pro­spekt als „Voll­blut­de­mo­kra­tin“, die das Grund­ge­setz „ver­ehre“. Ihr Recht auf Mei­nungs­frei­heit brach sich im Le­ser­brief ge­gen­über dem po­li­ti­schen Kon­kur­ren­ten sol­cher­art Bahn: „Was ist mit eu­rem Ver­stand los?“ und „Sagt mal, geht’s noch?“ Auch hielt sie den Ge­gen­über für ei­nen Bes­ser­wis­ser, der „ein­fach nicht“ an den Sach­ver­stand in der Ver­wal­tung glaube.

Nein, ihr Zorn rich­tete sich nicht ge­gen die AfD son­dern galt der CDU und zwar kon­kret de­ren Hal­tung zum Thema Rad­wege – ei­ner Kern­kom­pe­tenz der Ro­ten.

Viel­leicht be­steht kein Zu­sam­men­hang da­mit, aber Fakt ist, dass kurz vor der Wahl in man­chen Brief­käs­ten ein Anti-SPD-Flug­blatt lan­dete. Mit dem Ti­tel „Schorn­dorf ver­dient mehr Ehr­lich­keit“ samt Auf­lis­tung „Warum die SPD nicht hält, was sie ver­spricht“, dar­un­ter als Bei­spiel: „Öf­fent­li­che De­nun­zia­tion“.

So­wohl Bri­gitte Al­din­ger von der BSS als auch AfD-Mann Haise be­rich­ten, dass sie von Sa­bine Reichle, der „Num­mer 01“ auf der SPD-Liste, ver­däch­tigt wur­den, Ur­he­ber die­ses Pam­phlets zu sein.

Beide di­stan­zier­ten sich ent­schie­den und in al­ler Form da­von, beide mit der Aus­sage, dass dies nicht ih­rem Stil ent­spre­che. Dass sie selbst nicht um Wäh­ler­stim­men buh­len wür­den, in­dem sie an­dere Par­teien schlecht­re­den. Oder gar zu De­mos ge­gen sie auf­ru­fen.

Dass Haise eine ge­wisse Ge­nug­tu­ung über die­ses Flug­blatt emp­fand, kann man ihm schwer ver­den­ken. Es heißt, er kom­men­tierte es mit ei­nem süf­fi­san­ten „Ich hätte es nicht bes­ser ma­chen kön­nen“.

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