Kommentar«
Vor wenigen Wochen gelobten die neugewählten StadträtInnen feierlich, das Wohl der Stadt und das ihrer Einwohner „nach Kräften zu fördern“. Jetzt stellt sich heraus, dass selbst Altgediente im Gremium gar nicht wissen, was unter Gemeinwohl überhaupt zu verstehen ist.
Und auch die Verwaltung ist ratlos, wie Fachbereichsleiterin Cornelia Dietrich bei der Vorstellung ihres Personalberichts in der jüngsten Gemeinderatssitzung bekannte. Sie bat um Anregungen aus dem Gremium.
Von dort wurde der Schwarze Peter umgehend zurückgegeben. CDU-Rat Krötz gestand, er tue sich schwer mit dem Begriff, sein Fraktionskollege Sombrutzki bat die Verwaltung, ihn zu definieren, und Grünen-Chefin Köstlin möchte von Cornelia Dietrich in dieser Sache „gern mitgenommen werden“.
Weil OB Hornikel sich selbst und seinen Bürgermeister Englert bei diesem Tagesordnungspunkt als „Alpha-Rüden“ bezeichnete, wäre es da vielleicht hilfreich, im Tierreich Anregungen zu holen. Zum Beispiel bei den Geierperlhühnern.
Diese leben in den Savannen Ostafrikas mit einer klaren Hierarchie. Eine Studie fand heraus: Deren Alpha-Tiere „müssen sich der Mehrheit beugen, wenn sie ihre Macht missbrauchen“.
Konkret: Wenn die Anführer andere Gruppenmitglieder von besonders guten Nahrungsquellen verjagen, schließen sich die restlichen zusammen und ziehen einfach weiter. Was wiederum die Oberen zwinge, ihnen zu folgen. Denn allein können sie nicht überleben.
„Wir sprechen dabei von einem ‚Verlierer-Führungsmechanismus‘“, sagt Danai Papageorgiou, die die Studie leitete. Die von ihr beobachtete Reaktion auf soziale Ungleichheit helfe, dass in Gruppen, die auf Zusammenhalt angewiesen sind, „ein Machtgleichgewicht aufrechterhalten“ werde.
Übertragen auf unsere Kommune hieße das: Wenn die Oberen sich aus dem Steuergeld-Topf nur selbst bedienen zur Befriedigung ihrer eigenen Geltungsbedürfnisse (mittels Prestige-Projekten), statt damit etwa Straßen für alle instand zu halten, ziehen sich beispielsweise Ehrenamtliche, ohne die keine Gesellschaft überleben kann, von ihrem Engagement zurück.
Womöglich sind sogar genau sie der Schlüssel bei der Lösung des Problems, was Gemeinwohl denn bedeutet.
Indem man sie, die sich ganz selbstverständlich in Vereinen, bei der Feuerwehr, in der Nachbarschaftshilfe, beim Besuchsdienst im Altenheim oder sonst wie für andere Menschen einsetzen, fragt, warum sie das tun.