Gedenktag
Am heutigen 21. Juni erreicht die Sonne um 11.13 Uhr ihren höchsten Punkt im Jahr. Es ist Sommer-Sonnenwende, Mittsommer. „Einst wurde die Sommersonnwende, ähnlich wie die Wintersonnwende, volle zwölf Tage lang gefeiert“, erklärt der Kulturanthropologe Wolf-Dieter Storl. Der Brauch, über die Asche des Sonnwendfeuers zu springen, erklärt er, mache nicht nur Spaß, sondern „reinigt auch die Seele, putzt alles weg, was sich da als Ungutes angesammelt oder als Überflüssiges in der Aura festgesetzt hatte“.
Aus Lettland berichtet er zudem, dass vor dem Fest Blumen gesammelt werden, als Symbol für eigene Wünsche, die man später ins Sonnwendfeuer wirft. Ein anderer Brauch ist der, dass junge Frauen in dieser Nacht Blumen sammeln sollten, um sie unter ihr Kopfkissen zu legen, damit ihnen ihr Zukünftiger im Traum erscheint.
Wenn dies von aufgeklärten Zeitgenossen als Aberglaube belächelt wird, spielt sicherlich der Grad der Naturverbundenheit eine Rolle. In Estland beispielsweise heißt es, sei diese ausgeprägter, weil man sich stärker als in westeuropäischen Ländern bewusst sei, dass sie Lebensmittel und Medizin liefert – und wo diese zu finden sind. Das Wissen um einen guten und nachhaltigen Umgang mit ihr werde daher von Generation zu Generation weitergegeben, wobei der Volksglaube keine unwesentliche Rolle spielt.
So wirbt die offizielle Tourismus-Seite Estlands etwa für Wanderungen durch Wald und Moore: „Wir sind sicher: Es wird nicht lange dauern, bis die guten estnischen Geister Sie entdecken und freundlich an der Hand nehmen.“