Reinhold Maiers Erklärung 1933

Aus ak­tu­el­lem An­lass sei heute an Rein­hold Maier er­in­nert, den aus Schorn­dorf stam­men­den ers­ten Mi­nis­ter­prä­si­den­ten von Würt­tem­berg-Ba­den. Seit 1918 war er Mit­glied der links­li­be­ra­len Deut­schen De­mo­kra­ti­schen Par­tei DDP, ab 1932 Ab­ge­ord­ne­ter im Reichs­tag. Dort stimmte er am 23. März 1933 für das Er­mäch­ti­gungs­ge­setz der Re­gie­rung. Hier seine Er­klä­rung dazu im Wort­laut:

„Das deut­sche Volk hat am 5. März eine ab­so­lute Mehr­heit der Rech­ten in den Reichs­tag ge­wählt und da­mit sei­nen Wil­len be­kun­det, die Füh­rung sei­nes Staa­tes der ge­gen­wär­ti­gen Re­gie­rung an­zu­ver­trauen. Wir hof­fen und wün­schen, dass das deut­sche Volk un­ter der jet­zi­gen Lei­tung sei­nen seit vier­zehn Jah­ren zäh und op­fer­voll ge­führ­ten Kampf um Frei­heit und Wie­der­erstar­ken der deut­schen Na­tion er­folg­reich zu Ende brin­gen möge. 

Wir füh­len uns in den gro­ßen na­tio­na­len Zie­len durch­aus mit der Auf­fas­sung ver­bun­den, wie sie heute vom Herrn Reichs­kanz­ler hier vor­ge­tra­gen wur­den. Wir leug­nen auch kei­nes­wegs, dass Not­zei­ten be­son­dere Maß­nah­men er­for­dern, und ha­ben des­we­gen wie­der­holt Er­mäch­ti­gungs­ge­set­zen und Not­ver­ord­nun­gen zu­ge­stimmt.

Wir ver­ste­hen, dass die ge­gen­wär­tige Reichs­re­gie­rung weit­ge­hende Voll­mach­ten ver­langt, um un­ge­stört ar­bei­ten zu kön­nen. Wenn wir gleich­wohl in die­ser erns­ten Stunde uns ver­pflich­tet füh­len, Be­sorg­nisse zum Aus­druck zu brin­gen, so ge­hen wir da­von aus, dass auch der jet­zi­gen Re­gie­rung eine sach­li­che und loyale Kri­tik ih­rer Maß­nah­men nicht un­er­wünscht sein wird.

Wir ver­mis­sen in dem vor­lie­gen­den Ge­set­zes­ent­wurf, dass den ver­fas­sungs­mä­ßi­gen Grund­rech­ten des Vol­kes und den Grund­la­gen der bür­ger­li­chen Rechts­ord­nung keine aus­drück­li­che Si­che­rung vor Ein­grif­fen ge­ge­ben wurde. Un­an­tast­bar müs­sen vor al­lem blei­ben die Un­ab­hän­gig­keit der Ge­richte, das Be­rufs­be­am­ten­tum und seine Rechte, das selbst­be­stim­mende Ko­ali­ti­ons­recht der Be­rufe, die staats­bür­ger­li­che Gleich­be­rech­ti­gung, die Frei­heit von Kunst und Wis­sen­schaft wie ih­rer Lehre.

Diese Werte, meine sehr ver­ehr­ten Da­men und Her­ren, sind Grund­ele­mente je­des Ge­mein­schafts­le­bens in ei­nem ge­ord­ne­ten Rechts­staat. Ge­rade sie wur­den durch die Ver­fas­sung von Wei­mar aus der al­ten deut­schen und aus der al­ten preu­ßi­schen Tra­di­tion ge­ret­tet, und sie dür­fen heute wie vor vier­zehn Jah­ren nicht ge­fähr­det wer­den.

Im In­ter­esse von Volk und Va­ter­land und in der Er­war­tung ei­ner ge­setz­mä­ßi­gen Ent­wick­lung wer­den wir un­sere erns­ten Be­den­ken zu­rück­stel­len und dem Er­mäch­ti­gungs­ge­setz zu­stim­men.“

s.a. Ar­ti­kel: „Rein­hold Maier frei­ge­spro­chen“ vom 6. Mai 2021

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