Kriegspropaganda überwinden

Ge­denk­tag
Heute ist „In­ter­na­tio­na­ler Tag der Part­ner­städte“. Der letzte Sonn­tag im April wurde 1963 erst­mals für diese Form prak­ti­zier­ter Völ­ker­ver­stän­di­gung aus­ge­ru­fen. Ihr Ziel ist die Aus­söh­nung und der Frie­den zwi­schen Men­schen, die sich einst im Krieg ge­gen­über­stan­den. In Schorn­dorf be­steht bei­spiels­weise die Part­ner­schaft mit dem fran­zö­si­schen Tulle seit 1969. Auf diese Weise ha­ben die Men­schen bei­der Städte er­folg­reich die Pa­ro­len aus dem Krieg über­wun­den und statt­des­sen freund­schaft­li­che Bande über Gren­zen hin­weg ge­knüpft. Frie­den und Völ­ker­ver­stän­di­gung er­schei­nen in­zwi­schen ganz nor­mal. Dies ist ein Er­folg, den man nicht ge­ring schät­zen sollte. Im­mer­hin wur­den un­sere fran­zö­si­schen Nach­barn frü­her per Kriegs­pro­pa­ganda als „Erz­feind“ be­zeich­net.

Wie das da­mals war, kann man im „Schorn­dor­fer An­zei­ger vom 6. De­zem­ber 1918 nach­le­sen: Der 1. Welt­krieg war be­en­det, und in Schorn­dorf häng­ten die Men­schen vol­ler Freude an al­len Häu­sern Fah­nen aus den Fens­tern. Die Zei­tung schreibt dazu: „Un­glaub­lich aber wahr ist es, daß an ei­nem hie­si­gen Haus un­ter den De­ko­ra­ti­ons­fähn­chen sich auch ein blau-weiß-ro­tes (fran­zö­si­sche Tri­ko­lore) be­fun­den hat.“ Auf of­fen­bar sehr ent­rüs­tete Kri­tik hin wurde es dann wie­der ent­fernt.

Lei­der ist nicht über­lie­fert, wer das ge­tan hatte und aus wel­chem Grund. Wa­ren es po­li­ti­sche Ak­ti­vis­ten? Oder ein Schön­geist, der da­mit die Werke fran­zö­si­scher Künst­ler eh­ren wollte: Cé­cile Cha­mi­nade mit ih­rem Flö­ten-Con­cer­tino, Bi­zet und Saint-Saëns? Oder Ma­dame de Staël, die Deutsch­land als „Land der Dich­ter und Den­ker“ be­zeich­net hat, die Au­torin­nen Ge­orge Sand und Co­lette, de­ren Kol­le­gen Bau­de­laire und Flau­bert? Oder die Bild­haue­rin Ca­mille Clau­del, den Ma­ler Claude Mo­net?

Viel­leicht war es ja eine Mut­ter, de­ren Sohn als Sol­dat ein­ge­zo­gen wor­den war. Als Ju­gend­li­che las ich vor vie­len Jah­ren ein Buch, des­sen Ti­tel ich nicht mehr weiß. Darin half eine deut­sche Frau ei­nem jun­gen fran­zö­si­schen Sol­da­ten, der de­ser­tiert war. Als sie ge­fragt wurde, warum sie das denn ma­che, er sei doch der Feind, ant­wor­tete sie: „Weil ich ei­nen Sohn habe, der ge­rade als Sol­dat in Frank­reich kämp­fen muss.“ Und dann sagte sie den Satz, der mir bis heute tief im Ge­dächt­nis ge­blie­ben ist: „Und ich hoffe, dass, wenn mein ei­ge­ner Sohn de­ser­tiert, es in Frank­reich eben­falls eine Mut­ter gibt, die dort ge­nau das Glei­che tut wie ich hier.“

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