Kommentar
Es ist ja schon eigenartig: Bei einem Bürgerentscheid gibt es ein so genanntes Quorum. Das bedeutet, wenn sich nicht mindestens 20 Prozent der Wahlberechtigten für die betreffende Sache ausgesprochen haben, wird sie nicht umgesetzt. Bei einer OB-Wahl ist das anders. Da kann ein Bewerber mit deutlich weniger Stimmen ins Amt kommen.
Hier scheinen noch Reste obrigkeitsstaatlichen Denkens vorzuherrschen. Nämlich, dass, wenn ein Thema aus der Bevölkerung kommt, man extra Schranken einbauen muss. Gerade so, als ob man dem Volk an sich nicht traut. Während man einem einzelnen Menschen, der sich um die Führungsposition in der Stadtverwaltung bewirbt, automatisch unterstellt, dass er – möglicherweise von Gottes Gnaden – schon der Richtige sein wird.
Dieses Misstrauen gegenüber der Bevölkerung ist einer echten Demokratie nicht angemessen. Wie oft wird betont, dass das Volk „der Souverän“ ist?! Dieses Volk besteht keineswegs aus lauter Deppen. Immerhin ist der allgemeine Bildungsstand in den letzten 100 Jahren deutlich gestiegen, wie der Statistik über AbiturientInnen und Universitäts-Abschlüssen zu entnehmen ist.
Also gleiches Recht für alle: entweder kein Quorum bei Bürgerentscheiden oder ein Quorum auch bei OB-Wahlen. Als Kompromiss könnte man OB-BewerberInnen, die dieses Quorum nicht erreichen, als eine Art Amtsverweser einsetzen. So dass sie nicht für die gesamte Wahlperiode von 8 Jahren gewählt werden, sondern nur für ein oder zwei Jahre, und danach gibt es eine Neuwahl.
Als Alternative zum Quorum eine Wahlpflicht einzuführen, würde Zwang bedeuten, und der hat noch nie freie Entscheidungen gefördert. Ebenso wenig zielführend wäre andererseits die Idee, dass Wählerinnen und Wähler, wenn sie ihre Stimme abgeben, gratis eine Bratwurst bekommen.