Gedenktag«
Heute vor 81 Jahren wurden Hans und Sophie Scholl hingerichtet, weil sie ab 1942 Flugblätter mit Kritik an ihrer Regierung verfasst und verteilt hatten. Im Burg Gymnasium Schorndorf ist aus diesem Anlass eine Ausstellung zu sehen, und zwar noch bis 1. März.
Neben den Scholls tötete der Staat damals fünf weitere Studenten aus der Gruppe der „Weißen Rose“ unter dem Vorwurf des „Volksverrats“. Einige Mitstreiterinnen kamen mit Gefängnis-Strafen davon, wie beispielsweise Susanne Hirzel, Gisela Schertling, Katharina Schüddekopf und Traute Lafrenz. Letztere bekam im Jahr 2019 den Verdienstorden der Bundesrepublik verliehen.
Zu ihrer aktiven Zeit damals galten diese politischen Aktivistinnen allerdings keineswegs als Helden der Demokratie. So erschienen etwa nach der Verurteilung der Geschwister Scholl in den „Münchner Neuesten Nachrichten“ Annoncen von Menschen mit gleichem Nachnamen, denen es wichtig war, darauf hinzuweisen, dass sie mit den Verurteilten weder verwandt noch bekannt seien.
Vor einem Jahr rief Bundespräsident Steinmeier bei einer „Gedächtnisvorlesung“ für die „Weiße Rose“ in der Münchner Universität dazu auf, sich an deren Mitgliedern ein Vorbild zu nehmen. Als er die Anwesenden aufforderte, auch heutzutage die Demokratie aktiv zu verteidigen, verschwieg er, dass, wenn man so etwas tut, frühestens von der Nachfolge-Regierung einen Verdienstorden erhält und erst einmal mit heftiger Gegenwehr der Mächtigen (und selbst aus der Nachbarschaft) muss.
Das erlebte vor vier Jahren beispielsweise eine 22-jährige Frau, als sie gegen die Einschränkung von Grundrechten im Zuge der Corona-Maßnahmen bei einer Kundgebung auftrat. Ihr Satz „Ich bin Jana aus Kassel und ich fühle mich wie Sophie Scholl“ sorgte in vielen Medien für große Aufregung.
Der Vorwurf: Sie habe damit Sophie Scholl missbraucht, für ihre eigenen, als fragwürdige erachteten Ziele. Der Vergleich sei nicht zulässig, denn Sophie Scholl habe ihren Widerstand ja mit dem Leben bezahlt, während dies heutzutage nicht mehr der Fall ist.
Traurige Nachricht für alle, die gern Held wären: Folgt man strikt dieser Logik, kann es gar keine Widerstandskämpfer mehr geben. Denn die Todesstrafe ist bei uns inzwischen abgeschafft.
Andersherum gesehen, steht dieses Argument freilich auf eher tönernen Füßen. Ebenso gut könnte man behaupten, schwule Männer dürften sich heutzutage nicht mehr als solche bezeichnen, weil der §175, der jahrzehntelange Homosexualität unter Strafe stellte, nicht mehr existiert.
Auch die „Weiße Rose Stiftung e.V.“, die das Gedenken an deren mutige WiderständlerInnen pflegt (und von der die Ausstellung im Burggymnasium kommt), verwehrt sich dagegen, dass der Name dieser Gruppe und ihre Mitglieder instrumentalisiert werden.
Sie erhob allerdings keinen Einspruch dagegen, dass der Bundespräsident bei der Gedenkveranstaltung voriges Jahr Deutschlands militärische Unterstützung für die Ukraine bewarb. Und dies, obwohl sich die „Weiße Rose“-Mitglieder Alexander Schmorell und Hans Scholl seinerzeit ausdrücklich gegen den – ebenfalls als Verteidigung deklarierten – Krieg aussprachen und nach eigenen Angaben sogar „Russlands Herz“ liebten.
Dass hier kein Aufschrei erfolgte, mag vielleicht daran liegen, dass die Vorsitzende dieser Stiftung Dr. Hildegard Kronawitter heißt und lange als Abgeordnete im bayerischen Landtag saß – für die gleiche SPD, der auch der Bundespräsident angehört.