Interview
Gabriele Koch ist Schorndorfs erste Frau, die im Rathaus eine Amtsleiterstelle einnahm. Das war 1992. Jetzt hat sie ihr 40-jähriges Dienstjubiläum gefeiert. Anlass für uns, sie nach ihren Erfahrungen zu befragen.
Warum haben Sie sich für die öffentliche Verwaltung als Beruf entschieden?
Ursprünglich wollte ich Lehrerin werden. Dann hat mir aber eine Freundin, die gerade die Ausbildung für den gehobenen Dienst machte, so begeistert von den vielseitigen und interessanten Aufgaben aus einer Mischung von Rechtsbereichen und Praxis berichtet, dass ich mich beim örtlichen Rathaus erkundigt habe und mich kurz darauf beworben habe.
Welches Lob für Ihre Arbeit hat sie am meisten gefreut?
Ich freue mich immer, wenn mir jemand sagt, dass er sich gerne an mich wendet, weil er sich bei mir ernst genommen und gut aufgehoben fühlt.
Über welche Reaktion eines Menschen, der sie „nur“ für die Sekretärin hielt, haben sie am meisten lachen können?
Das ist mir eigentlich nie passiert – oder ich habe es einfach überhört.
Welches Ihrer Projekte war für Sie das aufregendste/faszinierendste, welches das befriedigendste, anstrengendste?
Es gab viele schöne Projekte, aber das gleichermaßen aufregendste, befriedigendste und gleichermaßen anstrengendste war das Arnold-Areal. Hier war ich von der ersten Minute an – Verhandlungen mit den Eigentümern, Erwerb über das Vorkaufsrecht, dann umfangreiche und erstmals in dieser Form in Schorndorf durchgeführte Bürgerbeteiligung, Durchführung eines Investorenwettbewerbs, Projektentwicklung und Verkauf, Bauherrin für die Sanierung des denkmalgeschützten Teil, Vermietung und Teilverkauf – bis zum Abschluss verantwortlich.
Wie stehen Sie zum Thema Bäume im Stadtzentrum?
Das wird immer wichtiger werden. Bei unseren engen Straßen und multifunktional nutzbaren Plätzen ist das aber nicht ganz einfach. Vor einigen Jahren habe ich mich vehement für den Erhalt des wunderbaren Baums am Eingang der Gottlieb-Daimler-Straße eingesetzt, als der Standort wegen der Größe des Baums thematisiert wurde.
Was raten Sie Frauen, die eine Position anstreben, bei der sie, wie Sie, viel Verantwortung tragen?
Dass Frauen eher eigenen Streben nach Perfektionismus ablegen, die Dinge sachlich sehen und sich nicht immer gleich persönlich angegriffen fühlen sollten. Außerdem meinen Lieblingssatz von Immanuel Kant „Ich kann, weil ich will, was ich muss“.
Warum ist die Rathausspitze in Schorndorf immer noch ein reiner Herrenclub (inkl. Ältestenrat)?
Als ich 1992 vom Gemeinderat zur Amtsleiterin (heute heißt es bei uns Fachbereichsleiterin) gewählt wurde, war ich die einzige Frau. Heute sind 50% der Fachbereichsleitungen weiblich. Das ist doch schon eine ganz gute Entwicklung.
Warum konnte der Lebensmittelmarkt Abramzik nicht in Schorndorf gehalten werden?
Wir hatten damals keine Gewerbefläche, die einerseits groß genug gewesen wäre, vor allem für die gewünschten ebenerdigen Stellplätze und die die erforderliche planungsrechtlichen Voraussetzungen gehabt hätte.
Viele Ihrer Amtsleitungs-KollegInnen sind inzwischen im Ruhestand. Somit verfügen Sie inzwischen vermutlich über das meiste Wissen zur Vorgeschichte vieler Vorgänge. Wie werden Sie das nutzbringend für Stadt und Bewohnerschaft einbringen?
Den jungen Kolleginnen und Kollegen erzähle ich von früheren Diskussionen, Plänen und Hintergründen für Entscheidungen. Manches kommt wieder, für Manches ist jetzt erst die Zeit reif oder die Umstände haben sich geändert. Für die Abwägung ist es interessant, die Historie zu kennen. Aber oft ist es auch positiv, ein Thema völlig unbelastet und neu anzugehen.