Er hat es kommen sehen

Ge­denk­tag«
Heute vor elf Jah­ren starb der US-ame­ri­ka­ni­sche Schrift­stel­ler Ray Brad­bury. Vor ge­nau 70 Jah­ren er­schien in New York sein welt­be­kann­ter dys­to­pi­scher Ro­man „Fah­ren­heit 451“.

In die­ser düs­te­ren Zu­kunfts­vi­sion be­schreibt er eine Welt ohne Bü­cher. „Es kam nicht von oben, von der Re­gie­rung“, so wird darin die Haupt­fi­gur be­lehrt. „Es fing nicht mit Ver­ord­nun­gen und Zen­sur an, nein! Tech­nik, Mas­sen­kul­tur und Min­der­hei­ten­druck brach­ten es gott­lob ganz von al­lein fer­tig.“ Was letzt­end­lich dazu führte, dass alle Bü­cher ver­brannt wer­den muss­ten.

Brad­bury ent­wirft das Sze­na­rio ei­ner schlei­chen­den Zen­sur fol­gen­der­ma­ßen: „Je grö­ßer die Be­völ­ke­rung, umso mehr Min­der­hei­ten. Sieh dich vor, dass du den Hun­de­freun­den nicht zu nahe trittst, oder den Kat­zen­freun­den, den Ärz­ten, Ju­ris­ten, den Mor­mo­nen, Quä­kern, den hier ge­bo­re­nen Chi­ne­sen, Schwe­den, Deut­schen…“, er­klärt dort der Chef der Bü­cher­ver­bren­nungs-Truppe, Haupt­mann Be­atty. Denn: Je mehr po­li­ti­sche Kor­rekt­heit ge­for­dert werde, „umso we­ni­ger darf man sich auf um­strit­tene Fra­gen ein­las­sen, merk dir das! Auch die min­deste Min­der­heit muss ge­schont wer­den.“

Die­ser Be­atty sagt: „Far­bige neh­men An­stoß an ‚Sambo, das kleine Ne­ger­lein‘? Ver­brenne es! Den Wei­ßen ist ‚On­kel Toms Hütte‘ ein Dorn im Auge? Ver­brenne es!“ Er be­kun­det, selbst schon „viele Bü­cher“ ge­le­sen zu ha­ben. Da­durch sei er zu der Er­kennt­nis ge­langt: „Da steht nichts darin!“

Ro­mane han­del­ten näm­lich sei­ner An­sicht nach von Men­schen, die ja real nie ge­lebt ha­ben. Phi­lo­so­phi­sche Werke lie­fer­ten keine ein­deu­ti­gen Ant­wor­ten auf die Fra­gen des Le­bens, und ge­fähr­de­ten da­durch den See­len­frie­den. Selbst Fach­bü­cher seien schäd­lich, weil Wis­sen­schaft­ler sich darin nur ge­gen­sei­tig be­kämp­fen, ein­an­der als Idio­ten be­zeich­nen und nie­der­schreien wür­den.

In die­ser schö­nen neuen Welt werde statt­des­sen auf an­dere Frei­zeit­be­schäf­ti­gun­gen ge­setzt: „Mehr Sport für je­der­mann. Ju­bel, Tru­bel und Ge­mein­schafts­ge­fühl, und man braucht nicht mehr zu den­ken, wie? Ver­an­stalte und ver­an­stalte und über­ver­an­stalte im­mer mehr sport­li­che Groß­ver­an­stal­tun­gen. Der Geist nimmt im­mer we­ni­ger auf. Rast­lo­sig­keit! Au­to­bah­nen, ver­stopft mit Men­schen­men­gen, die ir­gend­wo­hin fah­ren, ir­gend­wo­hin und nir­gend­wo­hin.“

Oft wurde „Fah­ren­heit 451“ als Kri­tik an der NS-Dik­ta­tur in­ter­pre­tiert, weil auch sie Bü­cher­ver­bren­nun­gen voll­zog. Der Au­tor selbst hin­ge­gen er­klärt, dass es ihm um die Ge­fähr­dung ei­ner Ge­sell­schaft gehe, die nur noch auf Ver­gnü­gun­gen aus ist, und eine Dis­kus­sion über un­ter­schied­li­che Mei­nun­gen nicht mehr aus­hal­ten könne.

Oder, wie es im Wi­ki­pe­dia-Ein­trag zum Ro­man zu­sam­men­ge­fasst wird: „Selb­stän­di­ges Den­ken ist in die­ser Ge­sell­schaft ein ab­so­lu­tes Tabu. Der all­ge­mei­nen An­sicht nach führt es nur dazu, dass die Men­schen sich un­so­zial ver­hal­ten und die ganze Ge­sell­schaft aus dem Gleich­ge­wicht ge­bracht wird.“

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