Ein Kieselstein gibt Rätsel auf

Vor 500 Jah­ren wurde im Rems­tal ein Kie­sel­stein ge­fun­den mit der In­schrift „Hoch lebe un­ser Her­zog Ul­rich“ auf La­tei­nisch: „Vive dux Ul­ri­che“. Dies be­rich­tet das Lan­des­mu­seum Stutt­gart, das der­zeit eine Aus­stel­lung zum Bau­ern­krieg vor 500 Jah­ren vor­be­rei­tet.

Es be­zieht sich da­bei auf die Chro­nis­ten Satt­ler und Pfaff. Ers­te­rer be­rich­tete, dass die­ses omi­nöse Teil in „Hepp­ach bey Schorn­dorf“ ge­fun­den wurde. Letz­te­rer schrieb vor 200 Jah­ren noch et­was kon­kre­ter, dass er „zwi­schen Grun­bach und Hepp­ach“ auf der Straße ge­le­gen habe. Und es sol­len da­mals so­gar meh­rere sol­cher Kie­sel­steine „vom Him­mel ge­fal­len“ sein, wie der Theo­loge und Lan­des­his­to­ri­ker Eu­gen Schnei­der wei­tere 100 Jahre spä­ter schrieb.

Wenn man dies auch in den Be­reich der Sage ein­ord­nen kann, so ist die Exis­tenz des Kie­sel­steins ein un­um­stöß­li­ches Fak­tum. Er be­fin­det sich näm­lich in der Samm­lung des Lan­des­mu­se­ums. Was es ge­nau mit die­sem ca. 5 mal 3 Zen­ti­me­ter gro­ßen Fund­stück auf sich hat, ist al­ler­dings noch nicht voll­stän­dig ge­klärt.

Bild­nach­weis: Lan­des­mu­seum Würt­tem­berg, Jo­na­than Le­li­veldt

Es fällt schwer, den Wor­ten der Chro­nis­ten zu glau­ben, die er­klär­ten, dass die Be­völ­ke­rung sich da­mals nach ih­rem Her­zog sehnte und des­halb sol­che Steine an ei­ner Schnur um den Hals tru­gen – als Sym­bol der Ver­bun­den­heit mit dem Fürs­ten und Er­ken­nungs­zei­chen für Gleich­ge­sinnte.

Denn Her­zog Ul­rich hatte elf Jahre zu­vor zehn Auf­stän­di­sche des „Ar­men Kon­rad“ in Schorn­dorf in ei­nem Schau­pro­zess öf­fent­lich hin­rich­ten und den Kopf des Dautel aus Schorn­bach zur Ab­schre­ckung auf­ge­spießt am Stadt­tor plat­zie­ren las­sen.

Wie schon im Auf­stand des „Ar­men Kon­rad“ anno 1514 ging es im Bau­ern­krieg im­mer noch um die Rück­ge­win­nung der kom­mu­na­len Selbst­ver­wal­tung. Die Ent­schei­dung über die Nut­zung der so­ge­nann­ten All­mende, näm­lich Wald, Wild, Bä­che und Wie­sen, hatte man zu­vor in je­dem Dorf un­ter sich ge­re­gelt.

Dann aber wa­ren fin­dige Re­gie­rungs­be­amte auf die Idee ge­kom­men zu be­haup­ten, dies al­les sei Be­sitz des Her­zogs, und für des­sen Nut­zung müss­ten Ab­ga­ben ent­rich­tet wer­den – ver­gleich­bar mit Park­ge­büh­ren in der In­nen­stadt heut­zu­tage. Der Re­gent war no­to­risch knapp bei Kasse, da Kriege wie auch Pres­ti­ge­bau­ten und ‑feste viel Geld ver­schlan­gen. Also führ­ten seine Be­am­ten Ge­büh­ren ein, die sie dem Volk ab­press­ten.

In den „Zwölf Ar­ti­keln“ ha­ben die Auf­stän­di­schen ih­ren Wunsch nach Rück­kehr zu den al­ten Ge­pflo­gen­hei­ten schrift­lich fest­ge­hal­ten. Das Druck­werk, das eine große Ver­brei­tung er­lebte, er­in­nert ein biss­chen an die Rede des In­dia­ner­häupt­lings Se­at­tle, der er­klärte: „Je­der Teil die­ses Lan­des ist mei­nem Volk hei­lig“, und sich fragte, wie es sein kann, dass sich ei­nige we­nige zum Be­sit­zer ein­zel­ner Teile der Schöp­fung auf­schwin­gen.

Vor 500 Jah­ren klang das so: Dass es „un­brü­der­lich und dem Wort Got­tes nicht ge­mäß“ sei, dass der arme Mann nicht Vö­gel und Wild schie­ßen oder an­geln dürfe. „Denn als Gott der Herr den Men­schen er­schuf, hat er ihm Ge­walt über alle Tiere, den Vo­gel in der Luft und den Fisch im Was­ser ge­ge­ben“.

Die Bau­ern, Hand­wer­ker, Selbst­ver­sor­ger von 1525 for­der­ten, dass ih­nen ihre so­ge­nannte All­mende wie­der rück­über­tra­gen wer­den: Wäl­der, Wie­sen und Äcker, die zu­vor von al­len Be­woh­nern ge­mein­sam ge­nutzt und ge­pflegt wor­den wa­ren, da­mit etwa „je­der sei­nen Be­darf an Bau- und Brenn­holz dar­aus de­cken kann“. Von der Ob­rig­keit wur­den diese For­de­run­gen igno­riert und der Auf­stand ge­walt­sam nie­der­ge­schla­gen.

Nach­dem die auf­be­geh­ren­den Schwa­ben da­mals auch die Leib­ei­gen­schaft als nicht gott­ge­wollt be­fan­den, da in der Bi­bel stehe, „dass wir frei sind und sein wol­len“, gel­ten die „Zwölf Ar­ti­kel“ als eine erste Art der Men­schen­rechts­er­klä­rung. Die ame­ri­ka­ni­sche „De­cla­ra­tion of In­de­pen­dence“ von 1776 weist Par­al­le­len dazu auf, ebenso Schrif­ten aus der Fran­zö­si­schen Re­vo­lu­tion 1789.

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