Was an Flughäfen dem schnelleren Einchecken, und in China zur Überwachung dient, soll in Schorndorf den Bürgerservice verbessern: eine elektronische Gesichtserkennung. Sie könne das bei manchen Ämtergängen vorgeschriebene „persönliche Erscheinen“ – unter Beachtung des Datenschutzes – ersetzen, erklärt Jörg Stritzelberger, der hier seit September 2019 Leiter der Stabsstelle „Digitalisierung“ ist. Er hatte seine Idee bei einem Wettbewerb der „Digitalakademie“ des Landes eingereicht, mit deren Hilfe sie jetzt in Schorndorf als „Prototyp, übertragbar auf andere Kommunen“, entwickelt werden soll.
14 Bewerbungen wurden insgesamt eingereicht, erklärt die Projektmanagerin von „KommHUB“, Antje Falkinger. Der „KommHUB“ ist laut Homepage eine Art Gewächshaus, in dem „Kommunen aus Baden-Württemberg Ihre innovativen Ideen-Triebe zu kleinen aber wirkungsstarken Pflänzchen entwickeln“ sollen.
Eine siebenköpfige Jury kürte die Schorndorfer Idee als Gewinner. Fördergelder fließen zwar nicht, es werde laut Stritzelberger jedoch „die komplette Entwicklung des Prototyps finanziell und personell abgedeckt“. Die Jury setzt sich zusammen aus Mitarbeitern kommunaler Landesverbände, wie auch aus „Vertretern aus Wissenschaft und Wirtschaft“, wodurch sie „verschiedene Interessensschwerpunkte“ abbilde.
Die „Digitalakademie“ wurde von Landesinnenminister Thomas Strobl eingerichtet, mit dem erklärten Ziel: „Die Technik soll den Menschen dienen und nicht umgekehrt.“ Das Stichwort „Datenschutz“ kommt in seinem Text nicht vor.
In der Ausschreibung für die nächsten Förderprojekte ist zu lesen: „Wir möchten in das neue Jahr groß einsteigen! Ganz im Sinne von Big Data – dem Sammeln, der Speicherung und Auswertung großer Datenmengen zur Weiterentwicklung Ihrer Kommunen! Dabei geht es einerseits um die datenschutzkonforme Verarbeitung dieser Daten und andererseits um die Generierung von Mehrwerten für BürgerInnen, Verwaltung und die lokale Wirtschaft.“
Gesichtserkennung zu Überwachungszwecken in China wurde vor einem Jahr in der Tagesschau kritisiert. Darin hieß es, dass mithilfe dieser Technik etwa ein Bauarbeiter, der keinen Helm trägt, ebenso entdeckt werden könne wie jemand, der im Auto telefoniert. Dazu erläuterte Sheng Dandan, die Vize-Direktorin der „intelligenten Stadt“ von Pudong: „Dank Gesichtserkennung und Datenaustausch zwischen Behörden können wir das automatisch herausfinden.“ Und: „Uns Bürgern hilft das System, eine sichere, ordentliche und saubere Umgebung zu schaffen.“
„Was technisch möglich ist, wird auch ausufernd von den Sicherheitsbehörden eingesetzt“, erklärte im August 2017 Jan Korte, der Vize-Vorsitzender der Linksfraktion im Bundestag, in diesem Zusammenhang dem Handelsblatt. Dementsprechend war etwa im Weser-Kurier Anfang Oktober 2020 zu lesen, dass die Polizei in Niedersachsen bei ihren Ermittlungen auf Corona-Gästelisten von Restaurants zurückgreife.