Der Versuchung widerstehen

Kom­men­tar«
Man be­kommt im­mer mehr den Ein­druck, dass un­sere Stadt­ver­wal­tung nur noch För­der­gel­dern hin­ter­her­jagt. Dass im Rat­haus Leute sit­zen wie TV-Jun­kies vor dem Shop­ping-Ka­nal und hoch­er­freut zu­schla­gen, wenn sie dort ein Su­per-Du­per-Brat­pfan­nen-Set im Wert von 99,99 Euro „nun zum ein­ma­li­gen Son­der­preis“ von 39.99 Euro an­ge­bo­ten be­kom­men. Weil: Bei 60% Preis­nach­lass, da muss ein Schnäpp­chen­jä­ger doch ein­fach zu­schla­gen!

Auch, wenn man schon zwei Pfan­nen be­sitzt, eine große und eine kleine, die noch sehr gut ih­ren Dienst tun. Und auch, wenn man so­wieso nicht weiß, wo­her das Geld neh­men. Denn die Kin­der brau­chen drin­gend neue Schuhe: Der Sohn ist aus sei­nen her­aus­ge­wach­sen und die Tre­ter der Toch­ter sind ka­putt ge­gan­gen.

Bei Pri­vat­leu­ten wird der Schuld­ner­be­ra­ter spä­ter da­für sor­gen, dass die­ser Brat­pfan­nen­kauf rück­gän­gig ge­macht wird. Und er wird dem Pri­vat­mensch ein­bläuen: Ein Schnäpp­chen, so ver­lo­ckend es klingt, kos­tet im­mer Geld. Wenn man das nicht hat, treibt ei­nen so ein Kauf nur noch tie­fer in die Schul­den.

Lei­der gibt es sol­che Schuld­ner­be­ra­ter nicht für Stadt­ver­wal­tun­gen. Diese las­sen sich re­gel­mä­ßig von För­der­pro­gram­men ver­füh­ren, und brin­gen Pro­jekte zum Lau­fen, die der Be­völ­ke­rung erst un­ter „fer­ner lie­fen“ wich­tig sind.

Die Bür­ger­schaft möchte nicht mehr und nicht we­ni­ger als gut funk­tio­nie­rende Struk­tu­ren. Da­für zahlt sie ihre Steu­ern. Die Stadt ver­wal­tet diese. Und sorgt – im Ide­al­fall – da­für, dass es eine aus­rei­chende Kin­der­be­treu­ung gibt und die Stra­ßen frei von Schlag­lö­chern sind. Die Rea­li­tät sieht an­ders aus.

In der Ver­wal­tung sit­zen Leute, die die Stadt nach ih­ren Vor­stel­lun­gen „ge­stal­ten“ wol­len, die bei den Bür­ge­rIn­nen Ein­druck schin­den wol­len mit ih­rer Tat­kraft und neuen Ideen. Wel­che sie noch nicht ein­mal selbst ha­ben müs­sen, son­dern sich von Mi­nis­te­rien auf­schwät­zen las­sen.

Mit­un­ter, weil sie sich in ei­nem Wett­be­werb mit an­de­ren Städ­ten wäh­nen und die Welt be­ein­dru­cken wol­len mit Din­gen, um die uns an­dere be­nei­den (sol­len). Der frü­here Bau­bür­ger­meis­ter sagte mir ein­mal rund­her­aus, dass Schorn­dorf ein Hal­len­bad bauen müsste, „weil sonst ma­chen es die an­de­ren Und die ste­hen dann gut da.“

Mit Weh­mut denkt un­ser­eins da an das Jahr 1688 zu­rück, als die Stadt schon ein­mal von Stutt­gart aus zu et­was über­re­det wer­den sollte, das nicht zu ih­rem Nutz und From­men war. Die Ge­sand­ten hät­ten den hie­si­gen Rat bei­nahe über­re­det, die Stadt zur Plün­de­rung an die fran­zö­si­schen Sol­da­ten zu über­ge­ben. Wenn da nicht die klu­gen und tat­kräf­ti­gen Frauen ge­we­sen wä­ren!

Sie ha­ben dem, was mit blu­mi­gen Wor­ten aus Stutt­gart kam, wi­der­stan­den. Sie hat­ten keine Angst vor ne­ga­ti­ven recht­li­chen Kon­se­quen­zen. Sie ha­ben ein­fach ge­han­delt. Ge­mein­sam. In Ein­tracht. Sie ha­ben die Stadt vor Scha­den be­wahrt.

Hof­fen wir, dass im kom­men­den Juni mög­lichst viele sol­cher Frauen in den Ge­mein­de­rat ein­zie­hen – gern auch Män­ner, wenn sie das nö­tige Ver­ant­wor­tungs­be­wusst­sein ha­ben und den Mut, Ver­lo­ckun­gen der Ob­rig­keit zu wi­der­ste­hen.

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