Kommentar
Vorgestern durften wir wieder einmal spüren, dass wir „der Souverän“ sind. Nach wenigen Wochen, in denen wir von Wahlplakaten angelächelt und mit schönen Worten umschmeichelt wurden, setzten wir ein Kreuz für die von uns favorisierte Person oder Partei auf einen Wahlzettel. Zwei Striche, jeweils kaum länger als einen Zentimeter. Und das war’s dann. Jetzt werden wir fünf Jahre lang nicht mehr gefragt.
Bis zur nächsten Wahl könnten wir allenfalls noch per Volksentscheid zu einzelnen Themen eingreifen, wenn das, was unsere VolksvertreterInnen tun, unserem Votum zuwiderläuft. Es ist zu wünschen, wenn diese bei jeder Entscheidung daran denken, woher das Geld kommt, das sie ausgeben. Dass es von unzähligen Menschen hart erarbeitet wurde. Wenn Abgeordnete ihr Gehalt selbst erhöhen in Zeiten, da andere Menschen um ihre Existenz bangen, ist das, gelinde gesagt, unsensibel.
Demokratie bedeutet, dass sich wirklich jede und jeder jeden Tag dafür einsetzt. Es müssen keine großen Aktionen sein. Wenig kann auf Dauer sehr viel bewegen. Im Kleinen anfangen: Sich stets bewusst machen, dass die Regierung nicht aus Göttern besteht, sondern aus Menschen wie du und ich. Dass sie nur durch unser Kreuz dorthin gekommen sind. Und dass sie uns, das Volk, zu vertreten haben.
Auch einem Souverän steht es gut zu Gesicht, sich ständig fortzubilden. Also tun wir das doch, und lesen öfter mal nach, welche Rechte wir haben, und welche Pflichten die Abgeordneten – um dann wie ein Souverän in Würde zu handeln. Nämlich: Letztere immer wieder freundlich auf den Pfad der demokratischen Tugend zurückzurufen, wenn sie auf Abwege geraten.