
Gedenktag
Heute vor 105 Jahren bekam Anna Eberhard von Württembergs König Wilhelm I. das Charlottenkreuz verliehen. Sie war im Ersten Weltkrieg für das Rote Kreuz aktiv und gründete den Landwirtschaftlichen Hausfrauenverein in Schorndorf, den sie auch leitete. In dieser Funktion organisierte sie unter anderem „Aufklärungsabende“ zum neu eingeführten Frauenwahlrecht 1918.
„Seine Majestät der König haben vermöge allerhöchster Entschliessung vom 25. Februar nachstehenden Damen und Herren das Charlotten-Kreuz zu verleihen geruht“ – so war am 1. März 1916 im „Schorndorfer Anzeiger“ zu lesen. Insgesamt wurden da sechs Männer und acht Frauen aus Schorndorf mit der brandfrisch gestifteten Auszeichnung für besondere Verdienste in „der allgemeinen Kriegsfürsorge“ geehrt, unter ihnen auch Julie Krämer, Klara Palm, Emma Bäuchle und Frau Dekan Gmelin. Und eben auch die „Landwirtsgattin“ Anna Eberhard.
Diese war zum Zeitpunkt der Verleihung 51 Jahre alt. Ihr genaues Geburtsdatum konnte bis jetzt noch nicht ermittelt werden, im Stadtarchiv gibt es dazu keine Information. Dabei war sie eine öffentlich sehr rührige Frau. Während des Ersten Weltkriegs begann sie, ausgekämmtes Frauenhaar zu sammeln, wozu das Rote Kreuz wegen des damals herrschenden Rohstoffmangels aufgerufen hatte.
Im Dezember 1916 gründete Anna Eberhard den Landwirtschaftlichen Hausfrauenverein in Schorndorf. Dessen Ziel war zum einen die Fortbildung der Landfrauen, aber auch Hilfen bei der Vermarktung ihrer Produkte. Es war Krieg, und die Bäuerinnen konnten es sich nicht leisten, zum Markt zu gehen, und dort einen Stand zu betreiben, während auf dem Hof die Arbeit liegenblieb. Oft verkauften sie an fliegende Händler, die ihnen aber keinen anständigen Preis zahlten. Um da Abhilfe zu schaffen, wurde nach dem Vorbild schon länger bestehender Hausfrauenvereine auch in Schorndorf eine Verkaufsstelle eingerichtet und zwar im „Strähle‘schen Haus“ in der Unteren Hauptstraße.
Vorträge waren ein wichtiges Angebot des Vereins, beispielsweise zum Thema „Wäschebehandlung“, „Kriegsnahrung“ und „Allg. Belehrung über naturwissenschaftl. Gegenstände“. Anfang 1919 kamen Informationen zum neu eingeführten Frauenwahlrecht dazu. So unternahm Anna Eberhard zusammen mit dem Bezirksschulinspektor Grabert für entsprechende „Aufklärungsvorträge“ Fahrten in die Ortschaften des Amtsbezirks Schorndorf. Außerdem lud der Verein laut einer Zeitungsannonce am 5. Januar 1919 zu einer Veranstaltung in Schorndorf ein: „abends 7½ Uhr im Saal des Neuen Vereinshauses – Vortrag von Fräulein Meta Diestel aus Stuttgart über ‚Die Bedeutung des Wahlrechts für die evangelische Frau‘. Alle Frauen und Mädchen von Schorndorf und Umgebung sind hiezu herzlichst eingeladen. Der Vorstand.“ – Die Veranstaltung musste dann wegen der großen Nachfrage in die Künkelinshalle verlegt werden.
Anna Eberhard kandidierte auch selbst für die verfassunggebende Landesversammlung auf der Liste der Württembergischen Bürgerpartei. Ihre Stimmenanzahl reichte nicht für ein Mandat, auch nicht bei der Gemeinderatswahl am 20 Mai 1919, wo sie sich neben Klara Palm für die Bürgerpartei hatte aufstellen lassen, und auf Platz 9 der Liste stand.
Anfang Dezember 1919, so erfahren wir aus dem „Schorndorfer Anzeiger“, fand ein Treffen der Landwirtschaftlichen Hausfrauen-Vereine aus ganz Württemberg in der Zentralstelle für die Landwirtschaft in Stuttgart statt, bei dem Anna Eberhard „über ihre Tätigkeit im Ernährungsministerium“ berichtete.