Unentdeckte Schätze in der Bürgerschaft

Ge­denk­tag
Den mor­gi­gen 18. Au­gust hat der So­zi­al­wis­sen­schaft­ler Dr. An­dreas Paust vor vier Jah­ren zum „Tag der Bür­ger­be­tei­li­gung“ aus­ge­ru­fen. Nicht ohne Grund fällt er gleich­zei­tig auf den „Tag der Se­ren­di­pi­tät“. Diese be­zeich­net das zu­fäl­lige Fin­den ei­nes Schat­zes, ob­wohl man ei­gent­lich gar nicht da­nach – oder so­gar nach et­was ganz an­de­rem – ge­sucht hatte.

In sei­nem Vor­trag „Wem ge­hört die Stadt?“ plä­diert Paust da­für, dass eine Stadt­ver­wal­tung sich dar­auf ein­las­sen sollte, der­ar­tige noch un­be­kannte Schätze an Wis­sen in­ner­halb der Bür­ger­schaft zu ent­de­cken. Dass sie darin die Chance des Wis­sens­zu­wach­ses er­kennt, auch – oder ge­rade – weil sie in ih­ren ur­sprüng­li­chen Vor­stel­lun­gen nicht vor­ge­se­hen wa­ren, wie bei der Se­ren­di­pi­tät. Dies frei­lich setze eine Dia­log­be­reit­schaft vor­aus, die dar­auf ab­zie­len müsse, die beste Lö­sung für die Stadt zu fin­den, und zwar ge­mein­sam.

Paust warnt ein­drück­lich vor den Fol­gen, wenn dies nicht ge­schieht. Wenn Bür­ger­be­tei­li­gung nur als „Ak­zep­tanz­be­schaf­fung für längst ge­trof­fene Ent­schei­dun­gen“ emp­fun­den wird. Wenn in­ner­halb der Be­völ­ke­rung der Ein­druck ent­steht: „Die ha­ben ihre Pläne fix und fer­tig und wol­len im Grunde gar nicht wirk­lich wis­sen, was ich da­von halte“.

Im Vor­feld der Gar­ten­schau ha­ben in Schorn­dorf et­li­che Bür­ge­rIn­nen die Er­fah­rung ge­macht, dass ihre An­re­gun­gen letzt­end­lich ins Leere lie­fen und nicht be­rück­sich­tigt wur­den. So hat­ten ei­nige zum Bei­spiel da­für plä­diert, den Al­ten Fried­hof kei­nes­falls an­zu­tas­ten, ihn so zu las­sen, wie er ist, weil sein ganz be­son­de­rer Charme ge­nau darin be­steht. An­dere hat­ten vor­ge­schla­gen, dass die In­for­ma­tio­nen auf den Grab­stei­nen bes­ser sicht- und nutz­bar ge­macht wer­den. Auch das wurde nicht um­ge­setzt, son­dern das Geld für Stahl­kan­ten an den We­gen aus­ge­ge­ben, für das Frei­le­gen der Mauer von Efeu und ei­nen neue Brun­nen an­stelle des al­ten ge­mau­er­ten Ex­em­plars.

Im Hin­blick auf die neue Stadt­bü­che­rei fand so­gar über­haupt keine Bür­ger­be­tei­li­gung statt. „Es reicht nicht, ei­nen Aus­hang im Rat­haus zu ma­chen oder eine An­zeige in der Ta­ges­zei­tung zu schal­ten“, meint Paust. Ge­for­dert seien For­men, in de­nen An­re­gun­gen, Ideen und die Krea­ti­vi­tät der Bür­ger­schaft glaub­haft will­kom­men seien. Nicht zu­letzt we­gen der Kos­ten­ex­plo­sion des Pro­jekts Stadt­bü­che­rei gibt es in Schorn­dorf et­li­che sol­cher Ideen, und zwar von Leute, die nicht nur kla­gen und kri­ti­sie­ren, son­dern die kon­struk­tiv Lö­sun­gen su­chen, wenn ein ein­mal ein­ge­schla­ge­ner Weg sich als zu steil er­weist.

Wer nicht er­kenne, dass De­mo­kra­tie nur funk­tio­niert, wenn sie „ko­ope­ra­tiv statt kon­fron­ta­tiv“ ist und wer die Be­dürf­nisse wie auch die Be­rei­che­rung aus der Bür­ger­schaft miss­achte, ris­kiere nicht nur das Ver­sie­gen wert­vol­ler Ideen-Quel­len, son­dern schaffe auch Miss­trauen, un­ter Um­stän­den dar­aus re­sul­tie­rend so­gar Wi­der­stand und Pro­test. Dies könne die Ver­wal­tung letzt­end­lich teuer zu ste­hen kom­men, wie die Er­fah­rung zeige: so­wohl rein fi­nan­zi­ell, weil be­reits be­gon­nene Pro­jekte schluss­end­lich ge­stoppt wur­den, als auch im über­tra­ge­nen Sinne, weil sie ei­nen Ent­schei­dungs­trä­ger „den Kopf“ ge­kos­tet ha­ben.

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