Gedenktag
Heute vor 120 Jahren starb Marie Schmid. Sie ist die Begründerin des Schorndorfer Marienstifts, das 1903 als „Pfarrtöchterheim“ begann. Dafür hatte sie ihr stattliches Wohnhaus in der Johann-Philipp-Palm-Straße 22 (gegenüber Bantel) nach ihrem Tod zur Verfügung gestellt. Es bot Platz für zehn bis zwölf Stiftsfräulein.
Nach dem Tod ihrer Tochter hatte sie bereit ein Kirchenfenster gestiftet. Es ist das rechte Große im Chor der Stadtkirche und bezieht sich auf einen Text aus dem Markusevangelium (Mk 5,41): „Talita Kumi“ – „Mädchen, steh auf!“
Marie Vreede wurde 1814 als Tochter eines Fabrikbesitzers in Holland geboren. Ihre Mutter stammte aus Württemberg, und ihre Schwester war in Großheppach verheiratet, wo Marie den zehn Jahre älteren Rechtskonsulenten Carl Heinrich Victor Schmid kennenlernte. Nach der Heirat 1833 zog sie mit ihm nach Schorndorf in das Haus Hauptstraße 22.
Ihr Sohn starb im ersten Lebensjahr. 1836 wurde ihre Tochter Marie Caroline geboren. Drei Jahre danach verstarb ihr Mann. „Frau Dr. Schmid“, wie sie genannt wurde, wird als sehr gütige, große aufrechte Gestalt beschrieben, die gemessen sprach und etwas Aristokratische an sich hatte. Sie galt als tiefreligiös und besprach sonntagnachmittags die Predigt mit ihrer Tochter. Allerdings gefiel ihr Dekan Pressels Predigtstil nicht. Sie mied seinen Gottesdienst und las lieber mit Verwandten eine Predigt.
Da sie ohne Erben war, überlegte sie, wie sie ihr Haus nach ihrem Ableben für einen guten Zweck zur Verfügung stellen kann. Sie fand ihn in der Versorgung sogenannter Pfarrtöchter. Diese blieben unverheiratet, pflegten ihre Eltern im Alter, waren aber danach selbst vom Wohlwollen ihrer Geschwister abhängig. In Mecklenburg-Schwerin war das „Konservieren“ von Pfarrtöchtern keine Seltenheit: Nach dem Tod des Vaters fiel ihnen das Recht an der Pfarrstelle insofern zu, als ein künftiger Nachfolger den Posten nur dann bekam, wenn er sie heiratete. Ein Pfarrtöchterheim sollte solchen Frauen eine Alternative für einen würdigen Lebensabend ermöglichen.
In ihrem Testament schrieb Marie Schmid: „Ich glaube im Sinne meiner seligen Tochter Marie zu handeln, wenn ich hiermit folgende Stiftung errichte: Die Stiftung soll den Namen erhalten: „Pfarrtöchterheim Marienstift in Schorndorf“. Das Marienstift soll zur Aufnahme und Verpflegung älterer würdiger Töchter von Pfarrern oder von Lehrern geistlichen Standes bestimmt sein.“
Und weiter unten: „Wenn das Eine oder Andere meiner Erben den Versuch machen sollte meine letztwillige Verfügung anzufechten, so soll es zur Strafe hierfür alles verlieren, was ihm durch mein Testament zugekommen wäre.“
(Quelle: „Lauter Schorndorfer Weiber – Stadtrundgang der Frauengeschichts-Werkstatt Schorndorf“, kostenfrei erhältlich bei der Stadt-Info)