„Du bist ein Gott, der mich sieht“, lautet die Jahreslosung für 2023. Dabei handelt sich um ein Zitat von Hagar, einer ägyptischen Sklavin im Hause von Abraham und Sara. Da dieses Paar kinderlos war, soll Abraham auf Wunsch seiner Frau hin die Sklavin geschwängert haben, um den ersehnten Erben zu bekommen. Gleichzeitig behandelt jedoch Sara die „Leihmutter“ in ihrem Haus schlecht, so dass diese vor ihr in die Wüste flüchtete.
Unterwegs spricht Gott durch einen Engel zu Hagar, und bittet sie, wieder zurückzukehren. Sie nennt ihn „El Roï“, was übersetzt so viel heißt wie: Gott, der mich sieht bzw. der nach mir schaut.
Wahrgenommen zu werden, ist ein starkes, tiefes Bedürfnis. Gesehen werden, aber nicht mit dem fordernden Blick, der uns lediglich als Arbeitskraft meint, die zu funktionieren hat, andererseits freilich auch nicht verbunden mit den falschen Schmeicheleien der Konsumindustrie, die nur auf unser Geld aus ist. Sondern: Gesehen werden als der Mensch, der man ist, mit all seinen Gaben, Anliegen und Möglichkeiten.
Das hier dargestellte Motiv hat Stefanie Bahlinger entworfen. Beim Verlag am Birnbach kann man es sich zum privaten Ausdrucken oder als Hintergrundbild für den PC herunterladen. „Wie ein lichtdurchfluteter Vorhang breiten sich die Farbflächen nach unten hin aus. In der Mitte öffnet er sich“, interpretiert Pfarrfrau Renate Karnstein diesen Entwurf. „Möchte die Künstlerin mit ihrer Farbgebung an Gottes Regenbogen und an seinen unverbrüchlichen Bund mit uns Menschen erinnern?“
Und: „Es gibt Zeiten, in denen ich mich vergeblich nach Gottes spürbarer Nähe und seinem Eingreifen sehne, er aber wie hinter einem Vorhang verborgen bleibt. Dann reißt der Vorhang plötzlich auf und lässt mich, und sei es manchmal auch nur für kurze Zeit, erkennen: Ich bin ihm nicht egal. Er sieht und hört mich. Und Er greift ein.“
Über das Schicksal der Sklavin Hagar hat Margot Käßmann einen Beitrag unter der Überschrift „Sitzengelassen“ verfasst.