Gedenktag
„Christus, der Retter, ist da“, klingt es im bekannten Weihnachtslied. Eine große Sehnsucht der Menschen steckt in diesen Worten. Denn groß sind die Herausforderungen, vor denen wir stehen: finanziell, ökologisch, gesellschaftlich, ethisch.
Leider ist das Leben kein Hollywood-Western, in dem ein Retter mit unbestechlichem Herzen und stahlblauen Augen die Stadt von der Schurken-Bande befreit. Andererseits: Selbst wenn dieser Retter käme, wären am Ende doch wieder 70 Prozent der Bevölkerung unzufrieden, weil er zwar eine große Kernforderung erfüllt hat, aber in vielem anderen ihren Erwartungen nicht perfekt entspricht.
Die Lösung dieses Problems besteht darin, dass es keine Lösung gibt, zumindest nicht die eine einzige. Wenn wir uns von diesem Kindheitstraum verabschieden, wäre schon viel gewonnen. Weil wir uns dann nicht mehr von falschen Versprechungen betören lassen. Weil wir wissen, dass die meisten derer, die uns irgendeine Rettung versprechen, sich selbst in die Tasche lügen. Oft hoffen sie, ein glücklicher Zufall kommt ihnen zu Hilfe – so wie notorische Glücksspieler, die sich stets aufs Neue einreden, dass es beim nächsten Mal garantiert mit dem Geldsegen klappt.
Wer sich verabschiedet von solch falschen Heilsversprechen, muss keineswegs in ein schwarzes Loch fallen. Im Gegenteil, kann das eigene Energien aktivieren. Die Erkenntnis, dass jeder und jede einzelne ihren Teil zu einer Lösung beitragen, ist ein Akt der Befreiung. In erster Linie, weil man sich niemandem unterstellt. Zudem ist das Gefühl, mit anderen zusammen etwas erreicht zu haben und sich gemeinsam darüber zu freuen, bei weitem besser, als einen Helden anzuhimmeln. Zentral dabei ist, dass man erkennt: Wir brauchen uns gegenseitig.
Jede Veränderung ist ein Prozess. Sie geschieht nicht von heute auf morgen. Doch wenn die Richtung stimmt, kann man täglich kleine Fortschritte begrüßen. Dass wir uns Frieden wünschen, Freiheit und Selbstbestimmung, ist ein guter Anfang. Denn wenn wir uns selbst noch spüren, wissen wir auch, wo es lang geht. Dass wir uns nach Wahrhaftigkeit sehnen und nach Gerechtigkeit, bedeutet, dass wir uns nicht damit abfinden, dass angeblich alle Politiker lügen und derjenige, der das meiste Geld hat oder am lautesten schreit, am ehesten Recht bekommt.
Demokratie lebt davon, dass wir sie aktiv leben. Wir alle. Dass wir unsere Stimme erheben und unsere „Angestellten“ in den Verwaltungen und Parlamenten kontrollieren und zur Rechtschaffenheit anhalten. Nicht nur motzen, sondern selbst etwas tun, und sei es auch nur im Kleinen. Denn jedes Gesamtbild setzt sich aus vielen kleinen Aspekten zusammen. So können sich auch viele darin wiederfinden.
Unsere christliche Religion erzählt uns, dass Gott, der Herr, seinen Herrn Sohn geschickt hat, um die Welt zu retten. Irgendwie ist das Ergebnis nach 2.000 Jahren noch nicht so ganz überzeugend. Vielleicht liegt es daran, dass man uns die männliche Kraft als Non-plus-ultra verkauft hat. Und dabei gemeint hat, den unverzichtbar ergänzenden weiblichen Anteil als vermeintlich unnötiges Beiwerk außen vor lassen zu können.
Ein guter Ansatz für die nötige Korrektur wäre demnach, den Heiligen Geist wieder als weibliche Kraft anzusehen. Im Mittelalter gab es noch Kirchen, in denen dieser Geist in Frauengestalt auf den Innenwänden verewigt wurde, wie zum Beispiel in der St.-Jakobus-Kirche im bayrischen Urschalling (s. Foto oben). Lassen wir uns überraschen, was weiblicher Geist so alles vermag.