Rund 3.000 Menschen kamen laut Polizeiangabe am Mittwoch ab 17.30 Uhr zur Demo „Kein Raum der AfD“ auf den Hof der Künkelinschule und drum herum. Und dies, obwohl die Behörde im Vorfeld angekündigt hatte, bei mehr als 1.000 TeilnehmerInnen die Kundgebung auf den Marktplatz verlegen zu müssen.
Auf dem Schulhof standen sie dicht gedrängt, in der Urbanstraße mit größeren Lücken (siehe Luftbild in der „Stuttgarter Zeitung“). Die Einfahrt zum Parkhaus und der Platz vor der Künkelinhalle wurden mit Absperrgittern unter Polizeibewachung freigehalten. In dieser Halle fand ab 19 Uhr der Neujahrsempfang von AfD-Bundestagsabgeordneten aus ganz Baden-Württemberg statt, der sogenannten „Landesgruppe“ in Berlin.
Oberbürgermeister Bernd Hornikel sprach auf der Bühne vor der Schule als zweiter Redner und, wie er betonte, nur „als Bürger“. Denn: „Amtsträger unterliegen einem strengen Neutralitätsgebot“, wie er erklärte, „das ist ein hohes Gut.“ Daher „spreche ich heute als Privatmann zu euch und berufe mich auf meine persönliche Meinungsfreiheit.“ Persönlich sei er nämlich nicht neutral, sondern „bereit, für unsere Demokratie einzustehen und diese gegebenenfalls zu verteidigen“.
Auch seiner gesamten Belegschaft im Rathaus hatte er dies bereits eine Woche zuvor mit Blick auf diese Demo per Rundmail mitgeteilt: Es sei ihr selbstverständlich erlaubt, für die freiheitlich demokratische Grundordnung einzustehen. Dies jedoch nur außerhalb ihrer Arbeitszeit, und ohne für Infos zu dieser Kundgebung den dienstlichen E‑Mail-Account zu verwenden.
Hornikel sagte, er finde es nicht nur „traurig“, sondern auch „beängstigend, dass wir hier in Schorndorf, in Deutschland, ernsthaft auf die Straße gehen müssen, um uns gegen rechtsextreme Ideologien zu positionieren“. Wenn jedoch mit Ängsten gespielt werde, „müssen wir alle dem ganz entschlossen entgegentreten.“ Gleichwohl dürfe man nicht in blinden Aktionismus verfallen, sondern müsse einen klaren Kopf behalten.
Sein Aufruf „Wir müssen wachsam sein gegenüber jenen, die Spaltung propagieren“ wurde auf dem Schulhof mit Jubel quittiert. Wir müssten, so sagte er, „den Mut haben, offen miteinander zu sprechen, uns zuzuhören und respektvoll – das ist mir besonders wichtig! – unterschiedliche Meinungen auch zu akzeptieren“.
Seinem Redebeitrag war eine Stellungnahme von Tanja Giffoni (Mitglied des städtischen „Fachrats für Integration“) vorausgegangen: „Als meine Eltern nach Deutschland kamen, waren wir nicht willkommen“, erklärte diese, und dass jedoch Schorndorf inzwischen ihre Heimat geworden sei. Hetze und Rassismus seien „eine Gefahr für die ganze Gesellschaft, für die Demokratie und die Freiheit von uns allen“.
Eine Schülerin, deren Vorfahren aus dem Kosovo und Rumänien stammen, bekundete anschließend ihre „aufrichtige Wertschätzung für dieses wundervolle Land Deutschland“. Besonders lobte sie das „beeindruckende Bildungssystem“ hier, und auch die große Gastfreundschaft. Es mache sie jedoch traurig, wenn sie in den Nachrichten höre, „dass wir hier nicht mehr willkommen sind“.
Nach dem Gewerkschaftler Jose-Miguel Revilla (IG-Metall-Gruppe von Mercedes Untertürkheim) und Pfarrer Steffen Kläger-Lißmann trat Lena vom „Offenen antifaschistischen Treffen Rems-Murr“ (OATR) ans Mikrophon. Noch vor Jahren, sagte sie, habe der Rems-Murr-Kreis „als Hort für Rechtsextremisten“ gegolten.
Dank der erfolgreichen Arbeit des OATR aber könnten diese inzwischen „keine Räume mehr finden für ihre Stammtische“. Ihr Ausruf „Es gibt viele, die den Rechtsruck in der Regierung nicht teilen“ traf auf etwas weniger Jubel aus der Menge, die sich laut Veranstalter als „Teil einer riesengroßen Protestwelle im Land“ verstehen durfte.
Auf den mitgebrachten Plakaten war zu lesen: „Reißt ihnen die bürgerliche Maske runter“ und: „Nazis hatten wir schon mal – war Kacke“, aber auch „Wir lassen uns nicht spalten“ sowie „Kein Raum für Hetze“ und „Hass ist krass – Liebe ist krasser“.
Als zum wiederholten Male „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ aus den Lautsprechern erschallte, kommentierte einer von denen, die nur als Beobachter am Rande dieses Events standen: „Immer das Gleiche“ und befand, dass ihn dies sehr an Politiker-Reden erinnere. Dann sagte er: „Ich würde jetzt gern in die Halle gehen, und mir mal anhören, was die da so zu sagen haben.“