Ankündigung
Die einen wollen drin „baden“, um ihr seelisches Gleichgewicht wiederzufinden, andere möchten sich dort sportlich austoben, und wieder andere Bäume fällen, um Geld mit dem Holzverkauf zu verdienen. Dazwischen gibt es die Heger und Pfleger. Am Wald bestehen sehr viele, teils widerstreitende Interessen. Deshalb lädt Revierförster Julian Schmitt erstmals BürgerInnen dazu ein, ihre Wünsche zu äußern, um zu entscheiden, wie Schorndorfs Wald in Zukunft genutzt und gestaltet wird.
Zur „Zukunftswerkstatt Stadtwald“ wurden nicht nur 40 Vereine gebeten VertreterInnen zu entsenden, sondern auch die gesamte Einwohnerschaft aufgerufen: Bis Sonntag, 16. Oktober, kann man sich noch unter www.schorndorf.de/zukunftswerkstatt-stadtwald für diese Mitsprache „bewerben“. Unter allen diesen Anmeldungen würden dann 4 (in Worten: vier) Menschen für die Teilnahme ausgelost, was bei rund 40.000 EinwohnerInnen 0,01 Prozent der Stadtbevölkerung entspricht.
Die „Zukunftswerkstatt“ soll am Samstag, 29. Oktober, stattfinden, beginnend mit einem Waldspaziergang um 9 Uhr. Stadtförster Julian Schmitt und weitere „Waldexperten“ erklären laut Pressemitteilung der Stadt dabei ihre Sicht der Dinge. Nach einem „zünftigen Mittagsimbiss“ wollen sie mit den anderen Wald-Interessenten diskutieren, voraussichtlich bis 17.30 Uhr. Unter den eingeladenen Vereinen und Verbänden sind neben der SG, den Pfadfindern und politischen Parteien auch der Naturheilverein, der NABU sowie die Jägervereinigung.
Diese „Zukunftswerkstatt“ ist ein Pilotprojekt der Landesforstverwaltung, erklärt Sebastian Schreiber, Pressesprecher im Landwirtschaftsministerium Stuttgart. Mit der Durchführung hat sie externe „Dienstleister“ beauftragt, welche „Erfahrungen in forstlichen und naturschutzfachlichen Projekten“ ebenso mitbrächten wie bei der „Konzeption und Moderation von Beteiligungsprozessen“.
Konkret wurden die Agenturen „Südlicht“ und „Ö‑Konzept“ dafür engagiert. Zu den Kosten sagt Schreiber: „Für den Projektstart“ seien „zunächst“ 50.000 Euro an Steuergeldern „vorgesehen“. Jedoch sei „im weiteren Verlauf“ auch eine „Ausweitung denkbar“.
Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) ordnet das Projekt im Rahmen der „Waldstrategie 2050“ ein und erklärt, dass damit „neue Wege der Bürgerbeteiligung“ beschritten werden, indem die Regierung die Bevölkerung „teilhaben“ lässt „an den Überlegungen zur Waldentwicklung und Waldbewirtschaftung“. Er lobt: „Wir geben damit dem zunehmenden Interesse am Wald und der modernen Forstwirtschaft ein Forum“ und zwar „mit klugen, naturnahen und nachhaltigen Waldbewirtschaftungskonzepten“.
Vorige Woche betonte die Landesregierung erneut, wie wichtig es ihr sei, den eigenen Anspruch einer „Politik des Gehörtwerdens“ umzusetzen. Aus diesem Grund habe sich der „Wissenschaftliche Beirat für Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung“ – fünf Professoren und eine promovierte Demokratieberaterin – gegründet, getroffen und „Empfehlungen“ für die Landesregierung erarbeitet.
In seinem Buch „Wir sind Geschöpfe des Waldes“ schreibt der Volkskundler Wolf-Dieter Storl: „Der Wald ist nicht nur ein Ökosystem irgendwo da draußen; der Wald ist auch in uns, er ist Teil unserer Seelenlandschaft.“ Wissenschaftlich belegt sei, dass der Wald beim Stressabbau helfe. So habe der Krankenhausarchitekt Prof. Roger Ulrich herausgefunden, „dass allein schon der Blick vom Krankenhausfenster auf einen Baum die Heilung beschleunigt. Die Patienten brauchen weniger Schmerzmittel, leiden weniger an postoperativen Komplikationen und Depressionen“.