Die Queen ist gestorben

Nach­ruf
Päpste ka­men und gin­gen, Po­li­ti­ker ka­men und gin­gen – auf dem bri­ti­schen Thron saß im­mer die­selbe Frau. Die Queen. Es gab keine an­dere mit die­sem Sta­tus. Als dis­zi­pli­niert und pflicht­be­wusst wurde sie zeit­le­bens emp­fun­den – seit sie im Al­ter von 26 Jah­ren die Krone von ih­rem ver­stor­be­nen Va­ter erbte. Gleich­zei­tig galt sie als an­teil­neh­mend am Schick­sal der Men­schen, die ihr be­geg­ne­ten. Als „eine Kon­stante für uns alle, die auf der gan­zen Welt re­spek­tiert wurde“ be­zeich­net Bar­bra St­rei­sand die 1,63 cm große Frau.

Sie­ben ver­schie­dene Män­ner wur­den Papst wäh­rend ih­rer über 70 Jahre dau­ern­den Re­gent­schaft. 14 Pre­mier­mi­nis­ter, de­ren Na­men uns teil­weise heute gar nichts mehr sa­gen (oder was wis­sen Sie über An­thony Eden?), er­lebte Queen Eliza­beth II. in ih­rer Funk­tion als Staats­ober­haupt von Groß­bri­tan­nien. Noch zwei Tage vor ih­rem Tod hat sie Liz Truss als 15. Per­son und 3. Frau im Amt der Re­gie­rungs­chefin auf Schloss Bal­mo­ral emp­fan­gen.

Auch sämt­li­che 12 Prä­si­den­ten der Bun­des­re­pu­blik am­tier­ten in der Zeit ih­rer Re­gent­schaft. Sie gel­ten als de­mo­kra­ti­schere Form von Staats­ober­haupt und dür­fen – an­ders als eine Mon­ar­chin – diese Po­si­tion laut Ar­ti­kel 54 Grund­ge­setz nicht län­ger als zehn Jahre in­ne­ha­ben, auch wenn ihr Ge­halt von gut 20.000 Euro pro Mo­nat da­nach auf Le­bens­zeit als „Eh­ren­sold“ wei­ter­ge­zahlt wird. Da­für ver­tre­ten sie dann aber auch noch ab und zu un­ser Land bei of­fi­zi­el­len An­läs­sen, wie etwa Chris­tian Wulff bei der Ver­ei­di­gung des ukrai­ni­schen Prä­si­den­ten Se­len­skyj im Jahr 2019.

Wulff übte das Amt knapp zwei Jahre lang aus, be­vor er zu­rück­trat, weil ihm Be­stech­lich­keit vor­ge­wor­fen wurde (wo­von er letzt­end­lich frei­ge­spro­chen wurde). Zu­sam­men mit Horst Köh­ler und Joa­chim Gauck so­wie dem am­tie­ren­den Bun­des­prä­si­den­ten Stein­meier wer­den also der­zeit 4 Män­ner aus Steu­er­gel­dern fi­nan­zi­ell ver­sorgt. Das sum­miert sich auf fast eine Mil­lion Euro pro Jahr – nicht ein­ge­rech­net Bü­ro­aus­stat­tung, Per­so­nal- und sons­tige Kos­ten.

Der Bun­des­rech­nungs­hof kri­ti­siert dies als „Au­to­ma­tis­mus der ‚le­bens­lan­gen Voll­aus­stat­tung‘“. Der Haus­halts­aus­schuss hat da­her be­schlos­sen, dass das Per­so­nal ehe­ma­li­ger Bun­des­prä­si­den­ten künf­tig nach zehn Jah­ren „um eine Re­fe­ren­ten­stelle ver­rin­gert“ wird. Schon längst scheint diese Po­si­tion in ers­ter Li­nie als ul­ti­ma­tive Sprosse der Kar­rie­re­lei­ter von Par­tei­po­li­ti­kern an­ge­se­hen zu wer­den. Denn wann hat­ten wir zu­letzt ei­nen Bun­des­prä­si­den­ten vom For­mat ei­nes wah­ren Staats­man­nes? Als wirk­lich po­li­tisch neu­tral wer­den sie we­gen ih­rer Vor­ge­schichte kaum noch wahr­ge­nom­men, eher als Die­ner ei­ner Par­tei- oder Re­gie­rungs­dok­trin.

Die Queen hielt sich stets aus der Po­li­tik her­aus. Alle Pre­mier­mi­nis­ter such­ten sie re­gel­mä­ßig auf, um mit ihr die ak­tu­elle Welt­lage zu be­spre­chen. Zu Weih­nach­ten wandte sie sich in ei­ner An­spra­che an ihre Na­tion: gleich­zei­tig bri­tisch-steif und (groß-)mütterlich warm­her­zig. Von ih­rem Hu­mor zeu­gen ei­nige Zi­tate. So zum Bei­spiel ihre Ant­wort auf die Frage, warum sie sich in so auf­fal­len­den Far­ben klei­det: „Wenn ich Beige tra­gen würde, wüsste nie­mand, wer ich bin.“ Oder warum sie auch in­ner­halb des Buck­ing­ham Pa­lasts ihre Hand­ta­sche da­bei hat: „Wis­sen Sie, die­ses Haus ist sehr groß.“

Als bei ei­ner Or­dens­ver­lei­hung ein An­ge­stell­ter das Kis­sen mit den sau­ber grup­pier­ten Or­den fal­len­ließ, sagte sie: „Le­gen Sie sie ein­fach ir­gend­wie wie­der hin. Ich ver­leihe dann ir­gend­ei­nen und Sie kön­nen das hin­ter­her in Ord­nung brin­gen.“

Zwar heißt es, dass Lud­wig XIV. mit 72 Jah­ren und 110 Tage län­ger re­giert hat als sie, die sie 70 Jahre und 214 Tage in Amt und Wür­den stand. Rich­tig ist je­doch, dass sie ihre Re­gent­schaft auch tat­säch­lich am längs­ten aus­übte, denn der Son­nen­kö­nig wurde be­reits als Vier­jäh­ri­ger ge­krönt, sie hin­ge­gen im Al­ter von 27 Jah­ren.

Am Don­ners­tag, 8. Sep­tem­ber, ist Queen Eliza­beth II. nach­mit­tags auf ih­rem Schloss Bal­mo­ral in Schott­land ge­stor­ben. Sie wurde 96 Jahre alt. Ihr Mann Prinz Philip, mit dem sie seit Ende 1947 ver­hei­ra­tet war, starb vo­ri­ges Jahr im April.

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