Kommentar«
Die Jury des Barbara-Künkelin-Preises bittet um Vorschläge für die Verleihung dieser Auszeichnung im kommenden März. Gesucht werden „couragierte Frauen“, die sich „mutig und unerschrocken“ für das Wohl ihrer Mitmenschen einsetzen, durchaus auch, indem sie „Tabus brechen“ – gerne „rebellisch“.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Von den „Schorndorfer Weibern“, die 1688 die Stadt vor plündernden Soldaten retteten, und für die Barbara Künkelin als Symbolfigur steht, hätte keine einzige diesen Preis je verliehen bekommen. Aus zwei Gründen.
Einer ist, dass die Obrigkeit selbst (Stadträtinnen und die Frau des OB) in der Jury sitzt und über die Vergabe mitbestimmt. Just jene Obrigkeit, gegen die die „Weiber“ seinerzeit rebellisch agierten, als sie die Ratsherren samt Gesandten aus Stuttgart mit dem Befehl zur Übergabe der Stadt im Rathaus gefangen hielten.
Wenn man daher eine dieser „Weiber“ nominieren wollte, wäre das in etwa so, als würde man Brigitte Aldinger, die Organisatorin von „Querdenken“-Demos, für diesen Preis vorschlagen. Denn auch sie widersetzte sich den Befehlen der Obrigkeit, die solche Demos verbot. Zwar trat sie mutig ein für Grundrechte, für Meinungs- und Versammlungsfreiheit, für das Recht auf körperliche Unversehrtheit und Selbstbestimmung. Aber eben ohne Segen der Politik.
Zweitens: Wer sich beim Einsatz für das Wohl der Mitmenschen gegen die Regierung stellt, hat schon immer viele Feinde gehabt.
Denn: Weil „die da oben“ mehr Möglichkeiten haben, um ihre eigene Sicht der Dinge zu propagieren, sind Menschen, die dazu Gegenargumente ins Feld führen, im Nachteil. Aus diesem Grund galt auch etwa eine Sophie Scholl noch recht lange Zeit nach Ende des Zweiten Weltkriegs als „Vaterlandsverräterin“. Weil das Regime sie so bezeichnet hatte.
Entsprechend glauben heute viele noch, dass die Regierung in der Coronazeit zu unserem Besten agiert hat oder allenfalls überfordert war, da diese Art von Gefahr ein Novum darstellte. Zudem hatte ja das Robert-Koch-Institut (RKI) mit seiner Expertise die wissenschaftliche Grundlage für alle Maßnahmen gegeben.
Es wird noch dauern, bis die Erkenntnis bei allen angekommen ist, dass die RKI-Experten das Corona-Virus tatsächlich für nicht gefährlicher als eine Grippe hielten. Die Offenlegung der Protokolle ihrer Krisensitzungen ist noch zu frisch.
Ebenso ist noch nicht wirklich jedem bewusst, dass dieses Institut dem Gesundheitsministerium weisungsgebunden unterstellt ist. Dass es demnach tun muss, was von der Politik gewünscht wird, wie zum Beispiel auf deren Anweisung die Warnstufe zu erhöhen, obwohl die Gefahrenlage das tatsächlich nicht hergab.
Und dass das RKI für das Maskentragen „keine fachliche Grundlage“ sah.
Es wird noch geraume Zeit brauchen, bis der Skandal über die Rolle des RKI während der Coronazeit in seiner vollen Bedeutung zum Allgemeinwissen gehört. Vermutlich wird eine Brigitte Aldinger es nicht mehr erleben, dass ihr Engagement als Eintreten für das Wohl der Mitmenschen in schweren Zeiten, als mutige Tat angesehen werden kann.
Der Preis ist mit 5.000 Euro dotiert. Preisträgerin 2022 war die Ärztin und Tübinger Pandemiebeauftragte Dr. Lisa Federle, davor die ZDF-Moderatorin Dunja Hayali für Zivilcourage.
Mehr Info zum Künkelinpreis gibt es auf dessen Homepage. Vorschläge nimmt der Vorsitzende des Heimatvereins, Holger Dietrich, unter E‑Mail entgegen. Einsendeschluss ist Freitag, 11. Oktober.