Gedenktag
Heute vor 69 Jahren wurde Emma Holland zu Grabe getragen, nachdem sie am 20. Juli 1955 im Alter von 87 Jahren gestorben war. Sie ist die erste Frau, die in Schorndorf als Lehrerin an der Oberschule unterrichtet hat, welche seinerzeit „Realschule“ hieß.
Ihre Anstellung Ende 1914 war aus der Not geboren: Damals wurden alle Männer – und somit auch Lehrer – zum 1. Weltkrieg eingezogen. Um den Schulbetrieb aufrecht zu erhalten, fragte man Emma Holland, ob sie einspringen könne, weil sie bereits Privatunterricht in Sprachen erteilt hatte. Man ging davon aus, dass sie nur eine sehr kurze Zeit bis zur Rückkehr der Männer zu überbrücken hatte. Sie blieb bis Kriegsende 1918.
Ihren Lehrauftrag erfüllte Emma Holland „mit großer Gewissenhaftigkeit und innerer Hingabe, und was sie an Pünktlichkeit und Pflichterfüllung verlangte, das sahen ihre Schüler in ihr selbst verkörpert“, schreibt E. Hägele in seinem Nachruf, der im Mitteilungsblatt vom „Verein Ehemalige Gymnasium Schorndorf“ erschien.
Emma Holland war am 30. März 1868 in Ludwigsburg als Tochter des Hauptmanns Heinrich Franz Ludwig Joseph Holland zur Welt gekommen. Dieser war 1832 in Ulm geboren und hatte 1866 in Pforzheim Lina Wanzenried geheiratet. Emmas ältere Schwester Lina kam ein Jahr vor ihr zur Welt. Die nachgeborene Clementine lebte kaum ein halbes Jahr.
Im Jahr 1887 siedelte die Familie nach Schorndorf über, wo ihr Vater als Bezirksoffizier beschäftigt wurde und hier im Jahr 1901 starb.
Emma Holland sei „in jener männerarmen Zeit“ des ersten Weltkriegs, „als von Rektor Lörcher an bis zum jüngsten Lehramtspraktikanten so mancher einberufen wurde“, gern „in die Lücke getreten“, die sich im Lehrkörper der Schule aufgetan hatte, schreibt Hägele.
Zu diesem Amt „war sie befähigt durch eine gründliche Ausbildung in Fremdsprachen und Literatur, der ihre besondere Liebe galt. In diesen Fächern hatte sie auch schon immer Privatstunden gegeben; wohl gleichermaßen aus einem Drang nach Beschäftigung der Welt des Geistes“.
Vor allem Sprachen und Geschichte unterrichtete sie die gesamte Kriegszeit hindurch an der Realschule. Bei „Fräulein Holland“, wie sie angesprochen wurde, habe „eine freundlich-strenge Zucht“ geherrscht, „in der fruchtbare Arbeit gedeihen konnte“. Dies, obwohl seiner Meinung nach „der Umgang mit den im Laufe des Krieges eher rauherwerdenden Bubenklassen, nicht immer leicht“ gewesen sei. Doch habe „die Freude, andern geistige Werte vermitteln zu können“, bei ihr vieles aufgewogen.
Als nach Kriegsende die Männer ihre Lehrerstellen erneut einnahmen, habe sich Emma Holland „in aller Bescheidenheit wieder in ihre Häuslichkeit“ zurückgezogen. In einer Zeitungsannonce vom 14. Dezember 1918 kündigte sie daraufhin an: „Nach Abschluß meiner Stellvertretung an der Realschule bin ich von 1. Jan. ab zur Wiederaufnahme von Privatunterricht bereit.“
„Seither lebte sie ganz in ihrer Familie“, schreibt Hägele, das heißt: mit Mutter und Schwester, zuletzt in der Karlstraße 15. Die Mutter starb 1938 im Alter von 91 Jahren, die Schwester Anfang 1949, sie wurde 82 Jahre alt.
In ihren letzten Jahren habe man Emma Hollands „früher aufrechte, jetzt aber erschreckend gebeugte Gestalt“ laut Hägele nur noch selten auf der Straße gesehen. Jedoch „lebte in dem sehr geplagten Körper bis zum Ende ein reger Geist und eine gütige, gerechte Seele. So hatten einst schon ihre Schüler sie kennengelernt – so haben wir sie heute noch in dankbarer Erinnerung“.